In alten Kellerräumen auf dem Saarbrücker Reppersberg betreibt der Diplom-Biologe Mirko Kalkum erfolgreich eine Bio-Edelpilzzucht. So erfolgreich, dass er das Geschäft nun weiter ausbauen möchte.
Es ist schon ein besonderer eigener Kosmos hier am Altsaarbrücker Reppersberg. Von außen kaum wahrnehmbar, erschließt sich beim Gang in den Berg eine eigene Welt. Diplom-Biologe Mirko Kalkum betreibt hier in seinem Reich am Reppersberg eine Bio-Edelpilzzucht.
Mitte des vergangenen Jahrhunderts existierte hier noch ein großes Krankenhaus, das Bürgerhospital. Und diese höhlenartigen Kellerräume gehörten zum Bürgerhospital. Ich bin unweit auf der Bellevue in den 1960er-Jahren groß geworden und erinnere mich noch an die Buslinie 20 mit dem Schriftzug „Bürgerhospital“. Als später dann das Klinikum auf dem Winterberg gebaut wurde, war die Zeit des Bürgerhospitals zu Ende.
Mirko Kalkum hat diese Kellerräume von der Stadt Saarbrücken angemietet und ein Reich für edle Biopilze geschaffen. 2010 eröffnete er seine Zucht, und schon nach kurzer Zeit bezogen die ersten Restaurants und Privatpersonen seine edlen Züchtungen. Er ist auch Mitglied der „Genuss Region Saarland“, wo Qualität und Regionalität die wichtigsten Faktoren sind.
Der Diplom-Biologe sagt, diese Stollen hätten etwas Klösterliches, Meditatives. Hier könne man sich fallen lassen und die Zeit komplett vergessen. Hier werde man eins mit der Arbeit. Die Raumtemperatur im Berg liegt bei etwa 13 bis 14 Grad. Zuhause lagert man die erworbenen Pilze am besten im Kühlschrank ohne Plastikabdeckung.
Mit in die Höhlen begleitet mich Florian Brunner, der gerade ein Buch im Geistkirch-Verlag vorbereitet über versteckte Geschichten Saarbrückens im Untergrund, die kaum jemand kennt. Nach dem heftigen Regen mit den verheerenden Überschwemmungen an Pfingsten in Saarbrücken heißt es heute Taschenlampen an, denn die Reparaturen an den elektrischen Anlagen nach dem Unwetter sind noch nicht alle erledigt.
Wir durchforsten ein kleines Labyrinth und ganz ehrlich: So etwas habe ich noch nie gesehen. In unterschiedlichen Räumen züchtet Kalkum seine Biopilze: Limonenseitlinge, Austernseitlinge, Kastanienseitlinge, Rosenseitlinge, Shiitakepilze, Samthauben, Kräuterseitlinge, Goldkäppchen sowie braune und weiße Buchenpilze. Das Ganze ist eine Wissenschaft für sich und so gibt es eine Einführung für uns: „Die auf Holz angebauten Pilze brauchen das Holz als Substrat. Es besteht überwiegend aus Holz, etwas Wasser, Kalk, um den pH-Wert einzustellen, und Powerfood mit Bestandteilen wie Ölsaaten und Weizenkleie, damit der Pilz zusätzlich zu dem Holz noch Power bekommt.“ Das Ganze ist umhüllt von einer Art Plastikbeutel.
Champignonzucht in einer Halle als neues Projekt
Zum Fruchten ist das Holz unabdingbar. Es gelang so erst nach und nach, diese Pilze in Kulturen zu bringen. Beim Kräuterseitling gelang es als Erstem Torsten Jonas von der Firma Pilzgarten aus Norddeutschland. Man kennt sich und pflegt seit langer Zeit enge Beziehungen. Die meisten Pilze hier sind, wie bereits aufgezählt, sogenannte Seitlinge, die unabdingbar auf Holz wachsen müssen. In der Natur wachsen sie vor allem an abgestorbenen Baumstämmen. Und da oft kein Platz am Baumstamm ist, kann der Hut nicht in der Mitte wachsen. Deshalb haben sie im Laufe der Evolution den Hut die Seite geschoben. Daher auch der Name.
Generell wachsen die auf Holz gezüchteten Pilze recht langsam und nicht etwa wie Champignons praktisch über Nacht. Sie brauchen längere Zeit, um die Fruchtkörper zu formen, und haben eine längere Wachstumszeit auf dem Holzsubstrat selbst. Dafür entwickeln sie aber eine beträchtliche Fülle an Aromen. Das kommt bei Genießern an und das ist der Grund für Mirko Kalkums Erfolg.
Pilze sind aber nicht nur eine kulinarische Besonderheit. Sie tragen auch wesentlich zu einer gesunden Ernährung bei. Und alle können sie essen: Veganer, Vegetarier und Allesesser. Pilze enthalten Kalzium, Magnesium und andere Mineralstoffe sowie Spurenelemente, etwa Mangan, Zink und Selen. Daneben beinhalten sie Vitamine, vor allem solche aus der B-Gruppe. Manche Pilze enthalten auch Vitamin C und sogar Vitamin D, das wir sonst nur durch die Sonne aufnehmen. Pilze sind zudem reich an essenziellen Aminosäuren, den Bausteinen der Eiweiße.
Zurück zur Zucht: Die erwähnten Beutel für die auf Holz wachsenden Pilze werden zunächst sterilisiert und zugeschweißt. Man möchte ja am Ende nur den Wunschpilz darauf wachsen haben und nicht irgendwelche Sporen, die in der Luft sind. Nach dem Sterilisieren wird dieser Block mit der Wunschsorte beimpft. Anschließend wächst dieser – je nach Sorte – ein paar Wochen bis Monate.
Wenn der Block dann ein-, zweimal abgeerntet ist – bei jeder Ernte gibt es weniger Pilze –, wird er entsorgt. Die Substrate trocknen aus und verfallen. Man kann sie dann kompostieren oder in die Biogasanlage bringen. Oder auch den Boden damit anreichern. Landwirte etwa haben daran immer ein großes Interesse. Vor allem die, die ökozertifiziert produzieren, denn organische Dünger dürfen sie benutzen, mineralische hingegen nicht. Es ist ja auch ein Kostenfaktor, Landwirte wissen, wovon sie reden.
Die Frage, die mich während unseres Rundgangs die ganze Zeit bewegt, ist: „Wie kommt man dazu, Biopilze in Saarbrücken zu züchten?“ Mirko Kalkum holt etwas weiter aus: „Ich bin Diplom-Biologe, und in der Retrospektive sah ich, dass ich in Münster an der Universität sehr viel mit Pilzen gearbeitet habe. Damals hatte ich eine französische Freundin, die in Saarbrücken an der Hochschule für Musik Klavier studierte. So kam ich nach Saarbrücken.“
Die Liebe ist irgendwann gegangen, doch Kalkum blieb in der Landeshauptstadt. „Ich fühle mich sehr wohl im Saarland und habe auch vor, zu bleiben“, erzählt er. „Das liegt vor allem an den Menschen und der Natur hier. Ich komme aus dem Sauerland, Berge, Wälder und Flüsse. Ich mag aber vor allem den herzlichen Umgang der Saarländer. Ich komme hier gut klar.“
Führungen vor Ort sind möglich
Einen bisher auf Eis gelegten Plan will er jetzt im Wirtschaftsjahr 2024/25 angehen. Kalkum möchte seine Produktionsstätte ausbauen. Die Biopilzzucht am Reppersberg bleibt, aber er will zusätzlich in einer Halle weitere Pilze züchten. Er braucht Platz, etwa für Champignons. Diese wachsen nicht auf Holz, sondern etwa auf Stroh. Und das erfordert Platz, den er heute nicht hat.
Die Pilze können übrigens auch von Privatpersonen vorbestellt und am nächsten Tag bei ihm abgeholt werden. Gegen einen kleinen Aufschlag kann die Ware aber auch angeliefert werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Pilze im Bioladen am St. Arnualer Markt, in der Saargemünder Straße 130, abzuholen. Auch andere Geschäfte in Saarbrücken vertreiben Kalkums Pilze. Einfach mal auf der unten genannten Internetseite vorbeischauen.
Mirko Kalkum erzählt mir auch, dass es durch diese Räume auch Führungen gibt. So wird etwa die Volkshochschule Saarbrücken bald mit einer Gruppe kommen. Aber auch andere Gruppen machen das, um den Konsumenten zu zeigen, wo ihre Pilze herkommen und was für eine Arbeit es ist, Pilze zu züchten. Ich finde solche Führungen sehr interessant – vor allem, weil man dabei immer etwas dazu lernt. Für mich war der Besuch vor Ort sehr beeindruckend. Ich hätte nie erwartet, was ich da alles gesehen und gelernt habe. Diese Woche gibt es bei uns zuhause auf jeden Fall noch Pfannkuchen mit einer Pilzrahmsauce. Mit Pilzen vom Meister. Darauf freue ich mich jetzt schon.
Edelpilzzucht Mirko Kalkum
An der Römerbrücke 17
66121 Saarbrücken
Telefon 0162-1722352
edelpilzzucht-saarbrücken.de