Die „Cantina Calabrese“ in Saarbrücken steht für die leckere und besondere Bauernküche Kalabriens. Die Trattoria von Laura und Andrea Runco und Lorenzo Cupelli hat weitaus mehr zu bieten als die üblichen Nudel- und Pizzagerichte anderswo.
Es ist immer wieder eine Freude, die „Cantina Calabrese“ zu besuchen. Genau gegenüber des Edeka-Marktes in der Saarbrücker Mainzer Straße, an der Ecke zur Goethestraße, erlebe ich immer wieder eine authentische Küche und eben keine Einheitspizzeria. Vieles, was dort angeboten wird, stammt aus ihrem kleinen Dorf in Kalabrien. Die Betreiber sind Laura und Andrea Runco sowie deren Verwandter Lorenzo Cupelli. Dieser arbeitet nun schon seit zwei Jahren hier. Neben den guten Produkten herrscht hier immer eine freundlich-familiäre Stimmung. Die Gäste fühlen sich hier wie Zuhause.
Die Familie stammt aus Aria di Lupi in Kalabrien, aus der Provinz Cosenza. Das kleine Bauerndorf liegt zehn Kilometer vom Meer entfernt. Seit fünf Jahren betreiben sie jetzt ihr Restaurant in Saarbrücken. Italienische Mitbürger, Deutsche, Franzosen gehen hier ein und aus. Ganz normale Menschen, die etwa gern hier ihre Mittagspause verbringen oder abends auch mal etwas länger bleiben. Auch Künstler, ehemalige Kommunalpolitiker und Journalisten sind hier regelmäßig zu Gast. Ich komme mir hier vor, als würde ich in Lothringen auf einem Bauernhof essen. Andrea Runco erklärt es mir: „Rolf, das ist unsere Art von Küche. Ich komme aus einem Bauerndorf, und alles, was wir oder Freunde produzieren, kommt hier auf den Tisch.“ Das sei wie bei den Bauern daheim. Darauf sind sie sehr stolz, denn sie brauchen kein eingemachtes Gemüse aus dem Glas. Das schmeckt nämlich alles gleich, aber hier schmeckt es einfach anders.
Saucen-Rezept von der Großmutter
Jeden Tag steht Andrea schon früh in der Küche und bereitet die Gemüse aus Kalabrien vor: Auberginen, Zucchini, Paprika oder Tomaten. Die Vorbereitung dauert etwas länger, und das schmeckt man. Sie haben hier – wie andere Kollegen auch – nach Corona Personalprobleme, doch mit der richtigen Vorbereitung geht es ruckzuck, wenn die Gäste kommen. „Die Cucina Calabrese ist eine Bauernküche. Sie pflanzen selber zu Hause ihre Kartoffeln an, auch ihre Auberginen und ihr gesamtes Gemüse. In Kalabrien haben wir längliche dunkle Auberginen und die runden violetten“, erzählt er. „Natürlich auch unsere besonderen Tomaten. Die Tomaten aus Belmonte etwa sind in ganz Kalabrien berühmt. Eine Scheibe Tomate, etwas Salz. Das reicht mir, um gut zu essen.“ Von der Sonne geküsst, ohne Chemie.
In den kalabresischen Dörfern wird auch viel Fisch gegessen. Täglich kam der Fischhändler früher in Lauras Dorf und hatte immer frisch gefangene Fische dabei von bester Qualität. In Kalabrien lieben die Einheimischen beispielsweise Sardinen – mit Nudeln, Tomatensalat und Tomatensauce. Natürlich auch mit roten Zwiebeln, denn die schmecken süßlicher als die Hellen. Die Sardellen werden kurz mehliert und in Öl gebraten. Man isst sie dort ganz, mit etwas Salz und fertig! In den Bergen, etwas weiter vom Meer, halten die Bauern auch Schweine. Diese werden mit Kastanien und Eicheln gefüttert. Deshalb schmeckt auch die Salami dort ganz besonders! Mit einem herrlichen Nussgeschmack. Die Tiere werden dort auch noch vom Kopf bis zum Schwänzchen verarbeitet.Aus dem Fett der Schweine wird etwa Seife gemacht.
Und dann erklärt mir Andrea, wie er meine ganz persönliche Lieblingssauce zu seinen Nudeln macht: aus Nduja und Gorgonzola: „Ich schneide eine süße Scheibe Gorgonzola, nicht dieser pikante, und lasse ihn dann schmelzen. Dann mache ich Nduja hinzu, eine Streichwurst vom Schwein. Aus Schweinefleisch, Fett und Peperoncino. Sonst nichts! Die Nduja darf man nicht braten, einfach schmelzen lassen. Das Saucen-Rezept stammt von der Großmutter aus Kalabrien. Ganz einfach. Die Vereinigung beider Geschmacksrichtungen ist das einmalige. Mit etwas Parmesan, perfetto.“
Nduja steht bei Familie Runco auch im kleinen Verkaufsregal – für zu Hause. Sie heißt eigentlich Nduja calabrese. Die Streichwurst im Glas besteht aus Schweineschulter und Schweinebauch. Gewürzt wird sie mit Peperoncino oder Chili.
„Trattoria, Espressobar und Feinkostladen. Wir nehmen Sie mit auf eine Reise nach Kalabrien.“ Das ist das Ziel der Betreiber. Kürzlich lernte ich hier, dass in Kalabrien so mancher seinen Espresso mit Anice bosco trinkt, einem Anisschnaps nach altem Rezept aus Kalabrien. Man lernt täglich dazu und ich werde diese Köstlichkeit in Zukunft auch häufiger genießen.
Kalabrien liegt zwischen zwei Meeren, im Landesinnern gibt es Berge. Hier haben die Einwohner wie gesagt ihren ganz eigenen Stil in der Küche und bei der Auswahl der Produkte, die sie gern herstellen und verwenden. Es ist eine uralte, europäische Kulturlandschaft, geprägt aus einer einzigartigen Vereinigung diverser Kulturen, die im Laufe der Jahrhunderte die Vorherrschaft an Italiens Stiefelspitze hatten.
Die „Cantina Calabrese“ in der Saarbrücker Mainzer Straße ist eine Trattoria, in der ich nie zielsicher etwas bestelle, sondern mich stets beraten lasse und gern auf die Vorschläge eingehe. Hauptsache frisch, Hauptsache besonders! Denn, ob es eine Salsiccia mit Fenchel ist, eine gemüselastige Pizza oder Nudeln mit einer sehr eigenwilligen Sauce – ich lasse mich hier gern überraschen. Es beginnt meist schon mit einem Vorspeiseteller mit Salami, Käse, Fisch und Gemüse. Dieser kommt in die Mitte des Tisches, so mögen es die Italiener, und jeder nimmt sich, was er mag. Der Wein dazu ist meistens ein Primitivo von Freunden aus Kalabrien. Der Gastraum ist in den fünf Jahren wie ein Wohnzimmer geworden. Das Wohnzimmer von Laura, Andrea und Lorenzo.
Bruschetta auf verschiedene Arten
Genug geredet! Andrea geht in die Küche und serviert mehrere Vorspeisen. Ruckzuck, und der Tisch steht voll. Ich merke sofort wieder, dass es die Qualität der Produkte aus seiner Heimat ist, die mich immer wieder überzeugt. So begeistern mich gleich die hausgemachten Bruschetta. Diese unterscheiden sich deutlich von denen einer ganz normalen Pizzeria. Die Bruschetta in der „Cantina Calabrese“ sind nicht nur belegt mit Tomaten, es gibt hier viele Varianten. Und auch diese Tomaten schmecken nicht nach Wasser, wie ich sie so oft vorgesetzt bekomme.
Ein besonderes Erlebnis, das man nicht jeden Tag zu essen bekommt, sind auch die kalabresischen Sardellen, auch Kaviar des Südens genannt. Klein von der Größe und intensiv im Geschmack. Sie schmecken frisch und einfach so, wie Sardellen schmecken sollen. Dann nehme ich mir zwei weitere typische kalabresische Spezialitäten, einmal Frikadellen von der Zucchini und einmal Frikadellen von Auberginen. Nicht unbedingt sehr teure Grundprodukte, aber im Geschmack sind beide der Renner. Eine authentische Bauernküche eben.
Zucchini-Frikadelle oder mit Aubergine
Einfach, weil unterschiedliche Gemüse angebaut werden, oder Würste mit unterschiedlichen Aromen zubereitet werden. Einige benutzen dazu Fenchel, etwa bei der hausgemachten Salami oder Salsiccia, andere stellen ihre Salami mit anderen Kräutern her. Natürlich gibt es viele Saucen auf einer Basis von Tomaten oder Auberginen. Auberginen werden oft gefüllt mit Hackfleisch, oder Nudeln werden mit Auberginen gereicht. Die Küche in der „Cantina Calabrese“ ist schlicht wohlschmeckend, abwechslungsreich, gesund und natürlich. Was will man mehr?
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