L’Argousier

Verifiziert von Rolf Klöckner
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1 Rue de Sarreguemines, Volmunster, Frankreich
1 Rue de Sarreguemines Volmunster Grand Est 57720 FR

Für Freunde des guten Essens in Deutschland ist es immer noch ein Geheimtipp. Die saarländische Gourmetfraktion hat es tatsächlich schon länger auf dem Zettel: das Restaurant „L’Argousier“ im französischen Volmunster. Unser Tester empfiehlt einen Besuch – unbedingt.

Volmunster ist ein kleines, verschlafenes Dorf im Bitcherland. Unsere Anreise aus Saarbrücken dauert etwa 40 Minuten. Das Bitcherland ist Teil des Naturparks Nordvogesen. Eine Naturlandschaft mit bäuerlichem Charakter. Im Süden grenzt es an das „krumme Elsass“, im Norden an die deutschen Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland. Ich bin mir bewusst, dass wir hier an der deutsch-französischen Grenze in einer Region wohnen, die eine wirklich herausragende Küche anbietet. Jonathan Birkenstock kocht im Restaurant „L’Argousier“ eine besondere Küche auf ganz hohem Niveau. Er ist als Koch viel gereist, und all diese Erfahrungen spiegeln sich in seinen außergewöhnlichen Kreationen wider. Er entwickelt seinen Kochstil permanent weiter, in freien Stunden ist seine Küche sein Kochlabor für neue Geschmackserlebnisse. Und diese sind oft besonders und überraschend!

Beim Betreten des Restaurants kommt gleich Freude auf, denn Mutter Sylvie Birkenstock bereitet uns einen überaus herzlichen Empfang. Zusammen mit Restaurantleiter Maxime Kaas wird sie uns die nächsten Stunden umsorgen. Wir beginnen unser Menü mit Chili-Sorbet, Karottenpüree und Crumble mit Parmesan. Ein Gericht, das so gut im Restaurant geht, dass es das ganze Jahr auf der Karte steht. Das ist schon mal ein großer Anfang. Weiter geht es mit der Variation von Zucchini, Quinoa und Basilikum. Mit Pickles von der Zucchini. Quinoa ist eine Pflanze aus Südamerika, sie gilt auch als das gesunde Korn der Inkas. Ganz ehrlich: Diese Variation mit Quinoa und einer knusprigen Zigarette aus Basilikum war mir neu. Ein Hammer und herausragend im Geschmack.

Danach folgt ein Tomaten-Bonbon mit Mozzarella und Oliven. Dafür brauchen wir kein Besteck, sondern wir schieben uns die Häppchen einfach mit den Fingern in den Mund. Anschließend serviert man uns Fisch. Genauer gesagt Kabeljaufilet mit schwarzem Reis, Paprika und Mango. Das Kabeljaufilet mit dem schwarzen Reis wird begleitet von einer süßsauren Paprikasauce. Perfekt!

Weiter geht es mit einem Stück vom Kalb, das mit einer knusprigen Kartoffel und einem Pilzarrangement sowie Zwiebelpickles und einem cremigen Salat serviert wird. Ich verstehe immer mehr, warum Jonathan Birkenstock eine Experimentierküche braucht. Zum Dessert dürfen wir uns über Zwetschgen, Spekulatius, Rosmarin-Sorbet mit Käse­creme und Joghurtsorbet freuen. Und über ein Baiser aus Rosmarin und Zwetschgen.

Schon früh die Liebe zum Kochen entdeckt

Zu den ersten zwei Gängen trinke ich einen regionalen Wein aus der Moselle: Lingeris fine von der Domaine Maujard-Weinsberg, ein Bio-Wein, Jahrgang 2021. Ein naturverbundener Wein mit erdigen Tönen. Danach steigen wir für die weiteren Gänge um auf ein Anbaugebiet, das in unseren Breiten nicht so bekannt ist: Saint Joseph, südlich von Lyon an der Rhône, Lyséras 2022, von Yves Cuilleron. Auch ein Weißer, mineralisch. Beide Weine sind eine gute Auswahl aus einer herausragenden Weinkarte.

Zum Abschluss gibt es einen Espresso und einen Mirabelle Gold von der Distillerie du Castor – wir sind ja in Lothringen. Für mich das Beste, was mir passieren kann! Aus diesem Haus hat Familie Birkenstock zwölf Positionen auf der Getränkekarte. Das Menü war mir ein Fest. Ich kann nur jedem empfehlen, selbst einmal hier vorbeizuschauen. Das bekommt man nicht alle Tage!

Doch wer ist dieser Jonathan Birkenstock eigentlich, und wie kam er zum Kochen? Als kleiner Junge stellte sich ihm die Frage, welchen Beruf er einmal erlernen wolle. Eine Antwort darauf hatte er nicht. In seiner Freizeit ging er aber zum Aushelfen in ein kleines Gasthaus in der Nähe. Nach dem ersten Tag dort fragten sie ihn, ob er am nächsten Tag wiederkäme, und am Tag darauf, ob er in der nächsten Woche nochmals käme. Er liebte von Anfang an die Arbeit in der Küche. Das machte er länger. Und irgendwann begann er schließlich eine Ausbildung zum Koch in der Saargemünder Kochschule.

Dort machte er seine Praktika in Sterne-Restaurants: bei Ernest Mathis im französischen Saarburg und Emile Jung in Straßburg. Während der Schulzeit mit ihrem Unterricht von Montag bis Freitag ging er am Wochenende jedoch weiterhin in das kleine Familienrestaurant in der Nähe. Denn der junge Mann stellte früh fest, dass er hier etwas lernen konnte. Zu Schulbeginn in Saargemünd ließ der Lehrer alle Schüler eine Karotte schälen und bearbeiten, erzählt er. Er hatte den Auftrag schon erledigt, als der Rest noch am Schälen der Karotte war. Und auf Nachfragen des Lehrers gab er dann zu, dass er ab und zu im Restaurant arbeite.

Die vier Jahre in der Kochschule Simon Lazard gingen vorbei wie im Flug.Danach ging der Jungkoch auf Reisen, so wie das viele Köche tun. Seine erste Station war in Paris, an den Champs-Élysées: Am 30. Juni beendete er die Schule, und am 1. Juli fing er im Sterne-Restaurant „Laurent“ an. Mit 19 Jahren. Das Haus hatte damals zwei Sterne, und zum ersten Mal sah er eine Küche mit 40 Köchen.

Nach einem Jahr wechselte er in Paris die Straßenseite und ging ins Zwei-Sterne-Restaurant „Lasserre“. Dort traf er auf einen weltberühmten Küchenchef: auf Michel Roth aus Hambach in Lothringen. Später im „Ritz“ wurde Michel Roth zur Legende. Nach einem weiteren Jahr in Paris zog Birkenstock weiter und blieb danach zehn Jahre in Annecy. Alleine der See dort ist eine Reise wert, in einer der schönsten Ecken Frankreichs. Dort arbeitete er in vier Restaurants.

Irgendwann ging es wieder nach Hause. Am 8. April 2008 eröffnete er dann sein „L’Argousier“ in Volmunster. Vorher kaufte er ein leer stehendes Restaurant und baute zwei Jahre um. Wie entwickelte er in all diesen Jahren seinen Kochstil, will ich wissen? „Meine Küche hat sich im Laufe der Jahre sehr verändert“, erzählt Jonathan Birkenstock. „Anfangs war meine Küche einfacher, weil wir in der Küche immer unterbesetzt waren. Wir hatten eine Karte und die Menüs. Das habe ich geändert. Seit drei Jahren haben wir die Karte abgeschafft. Wir haben nur noch zwei Menüs. Das ist einfacher für uns. Wir können viel mehr Zeit auf die unterschiedlichen Gerichte verwenden. Das hat sich verändert. Dazu gehe ich selber gerne essen, in kleine wie große Restaurants. Auch in asiatische und afrikanische, für Inspirationen.“

So macht er seine Küche der Jahreszeiten. Und in der Zeit der Zucchini hat er auch Zeit, unterschiedliche Texturen zu erfinden. Auch um ein Ensemble für den Teller zu finden, das besonders ist. Etwa knusprig, süß, sauer. 80 Prozent der verwendeten Viktualien sind regional, doch er will sich damit nicht einschränken und kocht auch Fische aus dem Meer. Natürlich gibt es Zander und Forelle aus der Region, doch nicht wöchentlich. Sein Gemüse kommt von einem Bauern aus der Gegend. Wie so vieles. Er hat auch sein Wasser, das er verkauft, verändert. Früher gab es hier Carola aus dem Südelsass, heute Celtic aus der Gegend. Brot machen sie nicht, sie kaufen es bei einem Meilleur Ouvrier de France: bei Joel Schwalbach in Rohrbach-lès-Bitche, gerade um die Ecke.

Keine Karte, sondern zwei feste Menüs

„L’Argousier“ heißt auf Deutsch Sanddorn. In Norddeutschland wird ein Sanddornschnaps häufiger angeboten mit der Bemerkung, er sei gesund, weil er viel Vitamin C enthalte. Wie kam Jonathan Birkenstock auf diesen Namen? „Das war in Annecy, als ich ein Eis aß. Ich kannte diesen Geschmack nicht. Also informierte ich mich, was das ist. Zehn Jahre später, bei der Eröffnung meines Restaurants, dachte ich, der Name ist gut!“

 

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