L’Auberge de L’Ill

Verifiziert von Rolf Klöckner
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2 Rue de Collonges au Mont d'Or, 68970 Illhaeusern, Frankreich
2 Rue de Collonges au Mont d'Or Illhaeusern Grand Est 68970 FR

150 Jahre Familien­gastronomie

Die „L’Auberge de L’Ill“ gilt seit Jahrzehnten als eines der besten Restaurants der Welt. Marc Haeberlin führt seit vielen Jahren das Erbe seines Vaters weiter, dem Ausnahmekoch Paul Haeberlin. Ein Besuch in Illhaeusern.

Kürzlich plante ich eine Reise nach Colmar, ins Musée Unterlinden. Ein außergewöhnlich interessantes und lehrreiches Museum. Die Frage, wohin wir abends essen gehen würden, war schnell beantwortet: zu Haeberlins nach Illhaeusern. Wir fahren also aus Colmar raus, und schon fesselt uns diese friedliche Landschaft. Kleine Dörfer, im Hintergrund die Gipfel der Vogesen. Eine entschleunigende Fahrt. Ein Besuch hier ist immer etwas ganz Besonderes, dieses Dorf hat etwas Magisches.

Anfänge liegen 150 Jahre zurück

Seit 150 Jahren betreibt Familie ­Haeberlin hier Gastronomie. Heute muss man sagen: Familie Haeberlin-Baumann, denn Marc Haeberlins Schwester, Danielle Baumann-Haeberlin, leitet das Restaurant. Küchenchefs sind Marc Haeberlin und Jean-Paul Bostoen. Letzterer wurde 2011 „Meilleur Ouvrier de France“ – eine der höchsten Auszeichnungen für einen französischen Koch. Marcs Ehefrau Isabelle leitet das Projekt „Epices“, auch mit einer Kochschule in Mühlhausen. Sie begleitet Jugendliche auf ihrem Weg ins Berufsleben. Schwager Marco Baumann leitet das Hotel. Auch die Kinder von Marc Haeberlin und Schwester Danielle Baumann sind bereits in den Betrieb integriert. Familie Haeberlin betreibt zudem in Straßburg die Brasserie „Les Haras“, dazu kommen drei Restaurants in Japan mit dem Namen „Auberge de L’Ill“ in Tokio, Sapporo und Nagoya.

Vor mehr als 150 Jahren begannen die gastronomischen Aktivitäten der Familie Haeberlin. An den Ufern des Flusses Ill, in einem kleinen Dorf namens Illhaeusern, was in Elsässisch „die Häuser entlang der Ill“ bedeutet. Parallel zu ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit eröffnete Familie Haeberlin eine kleine Auberge inmitten dieser herrlichen Umgebung. Man genoss dort Matelote, ein Fischragout aus Süßwasserfischen, gebratenen Fisch, Chantilly-Meringue und Obstkuchen. An den Öfen stand Urgroßmutter Haeberlin. Sie vererbte ihre Schürze Großtante Henriette, die der Kochfamilie Haeberlin bis an ihr Lebensende die Liebe zur Genauigkeit und sorgfältigen Arbeit vererbte. Henriette wurde von ihrer Schwägerin Marthe Haeberlin unterstützt, die eine Expertin für Desserts und Backwerk war.

150 Jahre voller Glück und Leidenschaft, die die „Auberge de L’Ill“, das Fünf-Sterne-Hotel des Berges und das Spa des Saules vereinen. Außerdem gibt es hier noch ein Häuschen an der Ill, das man mieten kann. Dort kann man von der privaten Terrasse aus dem Fluss lauschen. Wenn den Gästen der Sinn nach einem Frühstück auf der Ill steht und danach, den Tag inmitten der herrlichen Natur zu beginnen, bietet das Haus in Zusammenarbeit mit den Schiffern von Illhaeusern eine einstündige Spazierfahrt in Verbindung mit einem Frühstück auf einem Boot an.

Ab 1952 übernahmen Ausnahmekoch Paul Haeberlin in der Küche und Bruder Jean-Pierre Haeberlin im Restaurant. Sie brachten es in zehn Jahren zu drei Sternen und machten die Auberge weltberühmt. Am Eingang der „Auberge de L’Ill“ hängen zahlreiche Erinnerungsfotos. Alle waren sie da: Königsfamilien, berühmte Politiker, Stars aus Musik und Film.

Heute kocht Marc Haeberlin auf dem gleichen Niveau wie sein Vater Paul – auch wenn der Guide Michelin meint, dies seien nur zwei Sterne. Doch die „Auberge de L’Ill“ wurde so oft ausgezeichnet, dass sie immer noch zu den 100 besten Restaurants der Welt gehört.

Marc Haeberlin kocht hier eine moderne Küche, ohne dass ihm die Wurzeln der Identität der Haeberlins verloren gegangen sind. Eine sehr aufwendige Arbeitsweise, die er aber mit Leidenschaft, Demut und Freude souverän umsetzt. Eine sensible Küche des hohen Geschmacks. Die Karte, die uns gereicht wurde, hatte zwei Menüs mit sechs Gängen – ein vegetarisches und ein klassisches. Bei unserem Besuch an einem Donnerstagabend im März ist das Restaurant in allen Räumen so gut wie voll belegt. Auch viele junge essen hier, was derzeit zweifelsohne am zusätzlichen Angebot des Hauses liegt: einem Menü für Menschen unter 35 Jahren. Das gibt es noch bis 30. April. Viele Gäste essen vegetarisch: Lauch, grüner Spargel, Bohnen, Ravioli mit kleinen Erbsen, Pampelmuse und Apfelkuchen.

Traum für jeden Feinschmecker

Die, die klassisch bestellen, bekommen Felchen und Zander, Wolfsbarsch mit Morcheln, bretonischen Hummer, Lammkarree, Pampelmuse und Apfelkuchen.

Dazu – und das ist nicht in allen Sterne-Restaurants üblich – kann man außerdem à la Carte bestellen. Und zwar vier Vorspeisen, sechs Positionen aus dem Wasser und sechs Positionen überschrieben mit Fleisch, Geflügel, Wild. Unsere Gruppe war länger nicht mehr hier. Also bestellen wir, wofür wir die „Auberge de L’Ill“ seit 40 Jahren lieben. Zurück zu den Anfängen des Hauses: Foie Gras, ausgelöste Froschschenkel, den Trüffel unter der Asche und den Pfirsich nach Haeberlin. Alles unfassbar gut!

Bei der Foie Gras sind sich alle am Tisch einig: Selten haben wir eine so gute Gänsestopfleber gegessen. Die Mousseline der Froschschenkel gibt es nur hier. Ein Traum. Und der Trüffel unter der Asche ist das Gericht für Feinschmecker. Hier stimmt die Qualität der Périgord-Trüffel, das hohe Kochhandwerk macht den Rest.

Am 2. September 1984 war ich zum ersten Mal im Haus. Als wir damals nach Hause fuhren, kaufte ich mir umgehend das Kochbuch von Paul Haeberlin und kochte die Froschschenkel-Mousseline sofort nach. Bei Weitem nicht so gut wie in der „Auberge de L’Ill“, aber unsere Gäste waren begeistert.

Es ist und bleibt eines der größten Häuser Frankreichs. Es ist immer wieder ein Erlebnis, das uns demütig macht. Die Küche der „Auberge de L’Ill“ ist ein Abbild der Familie, sie wird von Generation zu Generation weitergereicht. Von Paul Haeberlin stammt die Tradition der berühmten „Mousseline de grenouilles“ und der Lachs, „Saumon soufflé“. Von seinem Sohn Marc die perfekte Vereinigung von Klassik und Moderne durch seine Kreationen. Aber immer mit dieser Großzügigkeit, dieser Suche nach dem richtigen Geschmack, der Eleganz einer außergewöhnlichen Dekoration und der Exzellenz der zwei Michelin-Sterne.

Ungewöhnlicher Genießer

Über die Weinkarte muss man sich auch keine Gedanken machen. Hier findet sich in allen Preislagen nur das Beste. Ich erinnere mich, bei meinem ersten Besuch hieß der damalige Sommelier Serge Dubs. Er suchte unsere Weine aus – und ich fuhr am nächsten Tag zur Domaine Lorentz nach Bergheim und kaufte mir diesen Wein. Und der Sommelier heißt auch heute noch so. Seit seinem 19. Lebensjahr gehört er zur „Auberge de L’Ill“, mehrfach ausgezeichnet und fraglos einer der besten Sommeliers überhaupt. Diese Ehre wurde ihm 1989 zuteil. Bis heute arbeitet er – vor allem freitags und samstags – hier mit. Zum Schluss noch eine kleine Anekdote: Ich war mal mit einem Saarbrücker Galeristen hier. Dieser wollte Jean-Pierre Haeberlins herrliche Aquarelle im Saarland ausstellen. Bis heute ist ein Aquarell von ihm auf der ersten Seite der Speisekarte. Wir saßen zusammen am Tisch. Plötzlich sagte Jean-Pierre Haeberlin zu mir: „Wollen Sie mal unsern besten Gast kennenlernen? Er kommt nie um zwanzig nach zwölf oder viertel vor eins. Er ist immer pünktlich um 12.30 Uhr da.“ Wir gingen zum Fenster. Um 12.30 Uhr landete vor der Küche ein Storch. Er hatte einen Flügel gebrochen und konnte im Herbst die Reise in den Süden nicht antreten. Doch die Lösung seiner Essensprobleme gefiel mir: täglich in einem der weltbesten Restaurants speisen. Immer um halb eins. Ich sagte zu Jean-Pierre Haeberlin: „Ich wäre so gern der Storch.“ Er lächelte und brachte den Aperitif für unser Menü.

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