Kulinarische Reise der Extraklasse
Von Paris nach Tokio und zurück – so lässt sich auf den Punkt bringen, was den Gast kulinarisch bei Deutschlands bestem Koch im „Victor’s Fine Dining by Christian Bau“ auf Schloss Berg erwartet. Ein geschmackliches Erlebnis, das man nicht mehr vergisst.
Meine ersten Anmerkungen über Christian Bau schrieb ich wenige Wochen nach dessen Ankunft auf Schloss Berg am 1. April 1998. Mein Fazit damals lautete: „Dass die Sterne in Zukunft nicht nur nachts über dem Schloss am Firmament leuchten, sondern bald auch in bekannten Restaurantführern, würde mich nicht wundern!“ Was aber auch ich damals nicht ahnen konnte: In welch atemberaubenden Tempo Bau die Sterne eins bis drei sammeln würde.
Eintauchen in eine Geschmackswelt
Jetzt, 25 Jahre später, habe ich wieder einmal das Vergnügen, bei Deutschlands bestem Koch speisen zu dürfen. „Von Paris bis Tokio“ lautet der Name des besonderen Menüs, das mich heute erwartet. Von Paris bis Tokio sind es knapp 10.000 Kilometer, doch bei Christian Bau sind es 20.000, denn er fliegt auf der Speisekarte erst hin und später zurück. Schon die verschiedenen Amuse-Bouches lassen einen schwärmen. Angelehnt an die bekannte kleine süße Praline gibt es eine Yogurette, allerdings modern interpretiert. Und frisch gebackene Madeleines und „Gummibärchen aus kandierten Früchten“. Auch Macarons von der Azuki-Bohne und Sablés der Tonka-Bohne. Und Bienenstich, aber wieder ganz anders interpretiert. Faszinierend.
„Shishitopepper / Meeresfrüchte / Gartengurke“ heißt unser erster Gang. Die japanische Paprika mit ihren Aromen ist der perfekte Begleiter zu den Meeresfrüchten höchster Qualität. Heute lerne ich, was man aus vermeintlich einfachen Gartengurken machen kann. Auch bei den späteren Gängen erwartet uns ein Potpourri an Textur, Qualität, Überraschendem – mal warm und gleichzeitig kalt bei einem Biss.
Wir tauchen ein in die japanische Geschmackskultur bei „Entenleber / Mirin /Pare Seaweed / Pickels“. Die Sauce ist mit einem süßen Reiswein gemacht. Dazu Algen. Die Zartheit der Entenleber ist unbeschreiblich. Eine Symbiose aus japanischer Handwerkskunst und besten Produkten, aus denen man anderorts ein ganzes Menü kocht. Unvorstellbar gut!
Weiter geht es mit „Kimbap / Sesam /Kimchi / Avocado“. Kimbap sind koreanische Sushis. Kimchi ist wohl Koreas Nationalgericht. Für Koreaner gibt es eigentlich keine Mahlzeit, ob Frühstück, Mittag- oder Abendessen, ohne das leuchtend rote, scharf-säuerliche Gemüse. Für die Herstellung von Kimchi kann man alle Arten von Gemüse verwenden, am häufigsten sind es Chinakohl, Rettich, Frühlingszwiebeln und Gurken. Den Geschmack verschiedener Kulturen im Mund zu haben, bei dieser Qualität und Vielfalt – das ist schlicht himmlisch.
„Lachs(bauch) / Katsuobushi / Myoga“ ist eine Verbeugung vor dem Lachs! Der japanische Ingwer heißt Myoga und wird hier als Creme gereicht. Ich muss es so sagen: Dieses Gericht ist ein wirkliches Spektakel. Auf dem Teller findet sich das zarteste Stück vom Lachs, und es schmeckt schlicht unbeschreiblich! Katsuobushi angerichtet als ein Schaum von getrockneten Bonitoflocken. Dazu Chips von der Nori-Alge. Zur Harmonie dann Blüten aller Farben. Ein Gedicht.
Mit „Japanische Waffel / Sardine /Yuzu-Koshu“ geht es weiter, dem Signature-Gericht. Sardinen liebe ich sehr. Vor allem, wenn sie so zubereitet sind. Dazu diese hauchzarte, grazile Waffel, die in ihrer Form der Rosette einer gotischen Kathedrale gleicht, wie die „FAZ“ vorigen Sommer schrieb. Kaum in Worte zu fassen. Der traditionelle Yuzu-Kosho, einem Schaum von Yuzu und dem Bergpfeffer Koshu.
„Königskrabbe / Erbsen / Verveine /Mentaiko“ ist – wie sollte es anders sein – wieder ein absolutes handwerkliches Meisterwerk! Der Rogen des pazifischen Pollackfisches begleitete die unverschämt gut schmeckende Königskrabbe. Dazu die Aromen von Eisenkraut. Das überzeugt als richtig komplexe Geschmacksakkorde!
Mit der Gelbschwanzmakrele hat mich Christian Bau schon in der Vergangenheit verzaubert. Entsprechend freue ich mich auf „Kampachi / Chutoro / Daikon / Holunderblüte“. Dazu gibt es Thunfisch, aber vom Bauchteil. Mit Kaviar und Wasabiaromen des Daikon, des japanischen Rettichs. Der Thunfisch zergeht regelrecht auf der Zunge. Besser geht nicht!
Eine Sauce, die träumen lässt
„Tuna / Gänseleber / Trüffelponzu“ ist Thunfisch in Vollendung, eine regelrechte Geschmacksexplosion am Gaumen. Das Ganze in Gestalt arbeitsintensiv präparierter und unverfälscht schmeckender Teile des Thunfischs, unter anderem aus dem Kernstück des Rückens geschnitten. Ich habe selten solch eine Qualität gesehen! Die Trüffelponzu ist die Königin aller Sushi und Sashimi. Diese geschmacksintensive, japanische Sauce basiert auf Yuzufruchtsaft, Sojasauce und natürlich bestem Trüffel.
Weiter geht es mit „Langoustine /Palmherz / Xo / Thai-Aromen“. Auch dieser Teller glänzt mit perfekter Harmonie. Die Sauce ist so schön aufgeschäumt, dass ich fast Angst bekomme, sie könne jeden Moment vom Teller springen. Die Thai-Aromen sind mit mehreren Klecksen auf den Teller gespritzt. Das Palmherz ist am Rande des Tellers eingebettet, und ein Minibrokkoli, der ausgesprochen geschmacksintensiv ist, liegt quer über der Langoustine. Ein Maler hätte das Bild nicht schöner malen können. Das Ganze hat so viel Geschmack, wie ich es wirklich nur selten erlebt habe!
Christian Bau kocht selbst am Posten für Fische und Meeresfrüchte, putzt jeden Fisch selbst. Heraus kommt ein Geschmackserlebnis, das man so wirklich nur hier im „Victor’s Fine Dining“ auf Schloss Berg findet! Wer mit einem japanischen Herzen diese Sinfonie aufführt, zeigt uns, wie wichtig kulturelle Aneignung sein kann.
Und dann steigt er symbolisch wieder ins Flugzeug und es geht zurück nach Frankreich. Auf dem Teller erwartet uns „Steinbutt /grüner Spargel / Vin Jaune / Trüffel“. Da liegt ein qualitativ unschlagbarer Steinbutt in einer unfassbar guten Sauce. Ich betone es immer und immer wieder: Die Visitenkarte eines Kochs ist seine Sauce. Und diese lässt mich wahrlich träumen! Über dem Tisch hat sich ein wunderbares Trüffelaroma breit gemacht. Für mich sind das unendliche Momente des Glücks. Die Sauce ist gemacht mit einer Spezialität des französischen Jura: Vin Jaune – gelber Wein. Dieser wird aus einer Savagnin-Rebe hergestellt. Nach der Vergärung muss der Wein mindestens sechs Jahre und drei Monate in einem Barriquefass liegen. Dadurch verdunsten etwa 40 Prozent und es bleibt ein intensiv schmeckendes Konzentrat übrig. Christian Bau macht seine Sauce dann auf Basis eines Muschel-Dashi-Fonds. Dazu noch Meereskopfspinat. Es ist die nächste Meisterleistung, die wir an diesem Tisch erleben dürfen!
Als Hauptgang erwartet uns danach „Lamm / Ratatouille / Anchovis / Black Garlic“. In Reih und Glied präsentiert sich das Gericht auf dem Teller, eher zurückgenommen als aufdringlich. Ganz ehrlich: Das Sisteron-Lamm aus der Provence kann nicht besser schmecken. Die Gemüse für das Ratatouille, also Zucchini, Aubergine und Paprika, sind hauchdünn geschnitten und nebeneinander geschichtet. Die Tomate liegt daneben. Irgendwie eher japanische Zurückgenommenheit statt südfranzösischer Dominanz. Der Geschmack der Anchovis ist der perfekte Gegenpart zum Lamm. Ganz rechts auf dem Teller eine Creme von fermentiertem schwarzem Knoblauch. Ich kann mich nur wiederholen: einfach himmlisch und wie alles andere perfekt gekocht! Besser geht es wirklich nicht.
Es folgt „Rhabarber / Ingwer / Yuba /Sojamilch“. Yuba ist eine proteinreiche Spezialität der japanischen Küche, die durch das vorsichtige Erhitzen von Sojamilch hergestellt wird und eine cremig gelbe Haut bildet und einen cremigen, nussähnlichen Geschmack hat. Danach „Asian Flavours / Pan Dan / Zitrus / Kokos“. Pandan ist der Name der Blätter der Pandan-Palme, Pandanus amaryllifolius, die in der südostasiatischen Küche weit verbreitet sind.
Perfekte Weinbegleitung
Und zum Abschluss unserer lukullischen Reise erwartet uns „Chocolats & Sweets“, eine Abfolge von kalten und fruchtigen Desserts, die scheinbar gar nicht mehr enden will. Immer mehr Süßes findet den Weg auf unseren Tisch. Selbst beim abschließenden Espresso stehen noch sieben kleine Schalen mit Süßem auf dem Tisch. Wir sind einfach nur restlos begeistert. Übrigens auch von der Weinbegleitung zu dieser fantastischen Menü-Reise, die Sommelière Nina Mann für uns zusammengestellt hat. Seit 2016 ist sie im „Victor’s Fine Dining by Christian Bau” für die Auswahl der Weine verantwortlich. Wir durften uns über Champagne Étienne Calsac; Wiltinger Alte Reben Nik Weis, St. Urbans-Hof, Mosel; 2018 Malterdinger Weiß Magnum Bernhard Huber, Baden; Kido Junmai Daigingo 40 Heiwa Shuzo Kainan Brauerei Präfektur Wakayama; 1998 Oberemmeler Hütte Auslese Von Hövel, Saar 2018; Wiltinger Rosenberg Weber-Brüder, Saar 2020; Vidonia Valle de Orotava Suertes del Marques, Teneriffa 2015; Les Renardières Menetou-Salon Domaine Philippe Gilbert, Loire und 2015 Zeltinger Sonnenuhr Auslese von Markus Molitor freuen.
Ja, Drei-Sterne-Küche hat ihren Preis, aber jeder Genussmensch sollte sich dieses Erlebnis einmal gönnen. Die Qualität der Produkte und die handwerkliche Kunst, die man als Gast hier erlebt, ist jeden Cent wert, und man wird diese Kunst nie wieder vergessen. Es ist ein Erlebnis sondergleichen.