Ralf Bos ist ein echter Tausendsassa, doch in der Welt der Hochgastronomie ist er vor allem bekannt als der Trüffelpapst. Kürzlich präsentierte er ein Menü mit den erlesenen Knollen im „Meisenheimer Hof“. FORUM war dabei.
Seit ein paar Monaten habe ich den Meisenheimer Hof auf dem Zettel, wenn es um das Gute und Besondere geht. Markus Pape ist ein außergewöhnlich guter Küchenchef. Im Herbst las ich auf dem Terminkalender des Hauses: „Die große Trüffelgala mit Ralf Bos. Wir haben die Ehre, einen Abend mit dem Trüffelpapst auszurichten.“ Es gibt wohl niemanden der so viel von Trüffeln versteht, wie Ralf Bos. Seine Auszeichnungen füllen Seiten, seine Publikationen genießen höchste Wertschätzung, besonders sein Standardwerk „Trüffel und andere Edelpilze“.
Das wichtigste aber ist: Mit seinem Trüffelhandel – Marktführer in der Spitzengastronomie – sitzt er an der Quelle für allerbeste Trüffel. Ende November hatten diese Könige der besten Pilze Saison, und zwar sowohl in der weißen Variante, Weiße Albatrüffel, als auch in der schwarzen, Perigordtrüffel. Und im Meisenheimer Hof konnten die Gäste ein einmaliges Trüffel-Menü mit den besten Trüffeln verschiedener Provenienzen und dazu passenden Weinen genießen. Ich meldete mich sofort an und fuhr an besagtem Wochenende nach Meisenheim. Markus Pape hatte ein herausragendes Trüffelmenü zusammengestellt, die begleitenden Weine suchte Ralf Bos aus. Es wurde in der Tat ein unvergesslicher Abend. Nach dem Essen saß ich mit Ralf Bos noch auf ein Glas zusammen. Er ist gelernter Koch, hat nach seiner Ausbildung eine weitere als Restaurantfachmann gemacht. Dann wurde er Barkeeper und ließ sich in der Schweiz als Sommelier ausbilden.
Anschließend arbeitete er einige Jahre in der Gastronomie, bis er meinte, es müsse was Neues passieren. Er ging ins Musikgeschäft, heuerte bei der Münchner Band Wind an, wurde deren Tourmanager. Das fand er spannend, doch nach zwei Jahren orientierte er sich erneut um. Er fing an, elektronische Teile aus Asien und Amerika zu importieren. Kommunikationselektronik. 1989 verkaufte er seine Firma und ging mit Gattin und seiner kleinen Tochter nach Neuseeland. Dort betrieb er eine Tennisfarm. Als seine Frau erneut schwanger wurde, ging es zurück nach Deutschland. Kurz stieg Bos wieder ins Elektronikgeschäft ein, dann fand er sein erstes Lebensmittel, das er verkaufte: Wildreis aus Kanada. Das Reissortiment baute er aus, schließlich kamen Trockenpilze, Hülsenfrüchte und Gewürze dazu.
1991 folgten die ersten Trüffel. Bos erinnert sich: „Diese Trüffel hatten es mir angetan. Ich kümmerte mich sehr um diese Pilze, obwohl sie in der Gastronomie damals noch kein besonderes Thema waren. Es gab ein paar Restaurants, die sich ihre Trüffel überwiegend in Frankreich und Italien besorgten.“ Doch in ihm hatten die Trüffel ein Feuer entfacht. Wenn man es sich leisten kann damit zu kochen, dann kocht man immer besser, als das Restaurant nebenan. Bis heute macht die Firma Bosfood kein großes Marketing, obwohl Ralf Bos 80 Prozent der deutschen Nachfrage beliefert. „Ich versuche, meine Kunden im direkten Gespräch zu überzeugen, Trüffel häufiger zu essen und zu servieren.“
Dazu gehört nach seinem Verständnis, Kunden zu beraten und zu schulen. Deshalb eröffnete er 2006 die erste „Molekulare Kochschule für Kochtechniken“ und hat mehr als 1.000 Köchen einen zeitgemäßen Umgang mit der modernen Technik beigebracht.
Mit einem Produkt und zwei Mitarbeitern fing er damals bei Bosfood an. Heute sind sie 180 Leute, und diese vertreiben 13.000 Produkte. Mittlerweile ist die Firma so aufgestellt, dass es einen Bereich für Privatkunden und einen für Geschäftskunden gibt. Sein Erfolgsrezept ist ganz einfach: „Die Leute, bei denen der Preis eine untergeordnete Rolle spielt, bei denen es aber um Qualität geht, die sind ja nicht so zahlreich. Und die treffen sich dann irgendwann. Es gibt ja etwa für die Sterne-Gastronomie keine Anlaufstelle bei Fragen. Wir haben deshalb immer für Beratung, auch der Besten, eine Datenbank aufgebaut. Wir behandeln Kunden so, wie wir als Kunden auch gerne behandelt werden. Natürlich gilt das auch für unsere Lieferanten“, betont Bos. „Auch für unsere Mitarbeiter gilt dies, und deshalb sind viele schon sehr lange bei uns. Wir sind zwar nicht unbedingt die Billigsten, haben aber immer eine außergewöhnliche Qualität. Dazu haben dann unsere Mitarbeiter die Entwicklung unserer Kunden verfolgt und können sie gut beraten. Das sind oft Prozesse, die über Jahrzehnte gehen!“
Standardwerk der Kochliteratur
Dabei wartet Bosfood immer, bis Kunden sich von sich aus melden. Telefonmarketing ist für ihn kein Zeichen von Qualität, sondern nervt einfach nur. Er wartet lieber auf eine Einladung und kann sich dies heute auch leisten.
Die Welt der Trüffel ist seine Welt geworden, seine Passion. Seine erste Trüffelgala veranstaltete er 1992 in Timmendorf. So eine, wie sie am eingangs beschriebenen Abend im Meisenheimer Hof stattfand. In mehr als zwei Jahrzehnten erarbeitete er sich Expertise. Zahlreiche Fernsehsender begleiteten ihn für Serien in die Welt des Guten und Außergewöhnlichen. Er schrieb die ersten Artikel, eine kleine Trüffelfibel für seine Kunden. Es wurde aber mehr, eines Tages rief die Universität in Essen an und fragte, ob er mit den Studenten ein Trüffelprojekt machen wolle. „Ich habe denen den kleinen Finger gereicht, doch sie haben mir den Arm ausgerissen,“ lacht er. Zwei Jahre fuhr er mit Studenten durch Europa, am Ende schrieben die Studenten ein Buch darüber. Viele Texte von ihm waren darin abgedruckt.
Eines Tages traf er Thomas Ruhl, einen Weltmeister unter den Food-Fotographen. Der hat etwa auch das letzte Buch von Drei-Sterne-Koch Christian Bau fotografiert. Ruhl tat sich mit Bos zusammen. Lohn der Arbeit: 2007 wurde dieses Standardwerk ausgezeichnet mit der Goldmedaille der Gastronomischen Universität – und 2010 von der Buchhandelsvereinigung als erfolgreichstes deutschsprachiges Fachbuch seiner Preisklasse.
Seit 2015 gibt es eine überarbeitete Version, die als eines der wichtigsten Standardwerke gilt. Es wurde auch ins Französische übersetzt und genießt auch bei unseren Nachbarn höchste Anerkennung.