Alles Käse

Unser Gastro-Tester gibt diesmal Tipps, was auch zu Hause auf eine gute Käseplatte gehört, und führt uns ein in die große und vielseitige Welt des Milcherzeugnisses.

Chavignol, ein Weichkäse aus Ziegenmilch – Foto: Getty Images / iStockphoto / TanyaSid

Jeder von uns hat ganz eigene Erinnerungen und Vorstellungen von einem

herrlichen Urlaub. Meine führen mich zurück an einen Tag im Burgund. Wir wollten uns an jenem Tag einige Sehenswürdigkeiten ansehen und uns des mittags auf einer kleinen Anhöhe niederlassen, um den herrlichen Blick aufs weite Land, den Kanal und ein paar Weinberge zu genießen. Die Madame des kleinen Landhotels, in dem wir nächtigten, hatte uns einen Korb gepackt, damit wir nicht hungern mussten. Mit Baguette, Rillette, einer Flasche Wein und verschiedenen Käsesorten. Und als wir mittags auf der Anhöhe an einem kleinen Tisch saßen, genossen wir die Köstlichkeiten und fühlten uns wie Gott in Frankreich.

Schier unzählige Sorten weltweit

Es war der Beginn einer großen Leidenschaft: meiner Leidenschaft für Käse. Es gibt schier unzählige Sorten aus aller Herren Länder, und damit verbunden sind auch sehr unterschiedliche Käsekulturen. In manchen gilt Käse als perfekter Start in ein Menü, in anderen schließt man dieses damit.

Lange Rolle ganz klassisch: Ziegen­käse aus Frankreich – Foto: Getty Images / iStockphoto / Picture Partners Holland

Historisch gesehen ist in Europa Italien das Vaterland dieser kulinarischen Tradition. Die Römer verbreiteten das Wissen um Käse in ihrem gesamten Reich, ähnlich wie das über den Weinbau. Bis heute werden in Italien herausragende Käsesorten produziert. Etwa 400 gibt es alleine dort. Die Insel Sardinien etwa ist bekannt für ihren Schafkäse. Die Tiere fressen unzählige Kräuter auf den Weiden, und mit dieser Milch kreieren die Käser herausragenden Käse, der auf der ganzen Welt geschätzt wird.

 

Wie kein anderes Land auf der Welt steht allerdings unser Nachbarland Frankreich für Käsegenuss. Hier hat sich eine sehr ausgeprägte Käsekultur entwickelt, und es ist kaum denkbar, dass ein Essen bei französischen Freunden nicht mit einer Käseplatte endet. Auch hier finden sich weit mehr als 400 unterschiedliche Sorten. Auch in französischen Bistros oder großen Restaurants geht nichts ohne Käse. Hier karren die Kellner zum Teil gigantische Wagen an die Tische. So vielfältig, dass die Qual der Wahl wirklich groß ist.

Gorgonzola ist ein norditalienischer Blauschimmelkäse – Foto: picture alliance / Zoonar

In diesen Häusern gibt es in der Regel Rohmilchkäse, also ein Käse, der aus frischer Milch hergestellt wird. Von Kühen, die viele Monate im Jahr beispielsweise auf einer Bergwiese verbringen und dort alles zu fressen finden, was ihnen und letztlich dem Käse guttut. So kommen in einigen Ländern die besten Käse von Bauern mit Heuwirtschaft. Das bedeutet, dass die Kühe dieser Bergbauern in der warmen Jahreszeit die Bergwiesen leerfressen und auch das Heu für ihre Winterversorgung von dort stammt. Das Zufüttern industrieller Produkte gibt es dabei nicht.

Rohmilch wird mit maximal 40 Grad Celsius verarbeitet

Die Rohmilch für Rohmilchkäse kann dabei von Kühen, Ziegen, Schafen oder auch Büffeln stammen. Der Unterschied zu Käsen, die mit pasteurisierter Milch hergestellt werden: Rohmilch wird mit maximal 40 Grad Celsius verarbeitet. Deshalb bleibt in dieser Milch mehr erhalten als in der Industriemilch, die bis zu 100 Grad erhitzt werden darf. Natürlich ist es viel einfacher, pasteurisierten Käse zu machen. Verkürzt gesagt: oben die Milch in die Maschine reinkippen, das Programm starten und unten kommt der Käse raus.

Brie, ein französischer Camembert aus der gleichnamigen Region – Foto: picture alliance / Zoonar

Da die Rohmilch auf maximal 40 Grad erhitzt wird, bleiben auch Mikroorganismen in der Rohmilch erhalten. Deshalb schmecken diese Käse immer intensiver als industrielle Sorten. Käsefreunde sagen, sie leben noch. Viele weltberühmte Sorten, etwa der Roquefort, haben eine geschützte Herkunftsbezeichnung, A.O.P. und dürfen auch nur aus Rohmilch gemacht werden. Wie auch seine weltberühmten Freunde Brie de Meaux, Camembert de Normandie oder der Comté.

Was können wir also für den Käsegenuss zu Hause lernen? Im Zweifelsfall lieber Handwerk als industrieller Käse. Wobei für Schwangere andere Regeln gelten. Sie sollten aufgrund der noch lebenden Mikroorganismen im Rohmilchkäse während der Schwangerschaft lieber darauf verzichten und auf Käse aus pasteurisierter Milch zurückgreifen. Gleiches gilt für Kleinkinder und ältere, kranke Menschen. Davon abgesehen sind Rohmilch und entsprechend Rohmilchkäse für gesunde Menschen unbedenklich.

Doch was gehört nun auf eine gute Käseplatte? Idealerweise kommen die verschiedenen Käse aus unterschiedlichen Regionen, es muss aber auch nicht zwingend sein. Wichtiger finde ich, dass verschiedene Sorten von unterschiedlichen Tieren aufgetischt werden. Also etwa Kuhmilchkäse und Ziegenkäse. Wenn möglich, sollte die Käseplatte zumindest unterschiedliche Geschmacksrichtungen haben – von mild bis Heavy Metal. Grundsätzlich sollte man Käse immer in der gleichen Reihenfolge essen und dabei mit dem mildesten beginnen und den kräftig-aromatischsten – andere würden strengsten sagen – zum Schluss.

Italienischer Pecorino wurde ursprünglich aus reiner Schafsmilch hergestellt – Foto: Getty Images / Ursula Alter

Ein kleines Beispiel für eine Käseplatte könnte etwa so aussehen: ein echter Camembert, das ist Kuhmilchkäse aus der Normandie, ein Crottin de Chavignol, also ein milder Ziegenkäse aus dem Loiretal, und ein Bleu de Chèvre, ein aromatischer Blauschimmelkäse von Ziegen aus den Pyrenäen. Aus die Maus. Für vier bis sechs Personen reicht das und bietet eine gewisse Vielfalt. Das ist die kleine Version.

Man kann natürlich auch größer anfangen und die Unterschiede der Käsesorten deutlich vielfältiger präsentieren. Hier käme beispielsweise ein Schafskäse hinzu. Es muss ja nicht gleich einer aus Korsika sein, denn es gibt deutlich mildere. Und wie beim Whiskey sollte man sich auch hier eher langsam von mild zu kräftig vorantasten. Wer die Vielfalt seiner Käseplatte vergrößern möchte, sollte einige einfache Aspekte beachten. Kuhmilchkäse etwa sind durchaus sehr unterschiedlich im Geschmack. Wie wurden sie verarbeitet: Mit Käsepresse oder weichem Teig? Das kann man beispielsweise sehr gut sehen bei zwei Käsen aus der gleichen Ecke Frankreichs: Saint-Marcellin und Saint-Nectaire.

Camembert aus der Normandie aus Rohmilch – Foto: picture alliance / Zoonar / Serghei Platonov

Es muss nicht immer Rotwein zum Käse sein

Übrigens: Käseplatten sollten aus Schiefer, Holz oder Marmor sein. Das Auge isst schließlich mit, und die Präsentation spielt dabei eine große Rolle Und welchen Wein trinkt man eigentlich zu einem Käse? Wie so viele Menschen dachte auch ich viele Jahre lang: ganz klar, einen Roten. Bis der Sommelier eines weltberühmten Restaurants in Frankreich mich eines Besseren belehrte. Ich solle mir zwei, drei Gläser Rotwein zum Käse bestellen, die ich zu bezahlen hätte, sagte er mir. Er werde mir dann, auf seine Kosten, jeweils einen Weißwein dazu bringen. Es wurden also sechs Weine aus sechs Regionen. Und was soll ich sagen: Seit diesem Tag trinke ich meistens Weißwein zum Käse.

Noch etwas für Käseprofis oder solche, die es werden möchten. Bernard Antony gilt weltweit als der Käsepapst. Im vorigen Jahr hat er ein Buch herausgebracht, mit dem schlichten Titel: „Fromage“ in der Edition Ducasse. Auf Französisch. Es liegt auf meinem Schreibtisch. Ein toller Geschenketipp fürs bevorstehende Weihnachtsfest. Es ist monumental – wie sein Lebenswerk.

Parmigiano Reggiano, ein italienischer Reibekäse – Foto: picture alliance / Zoonar

In seinem Buch stellt er ab Seite 161 die Käseteller der Jahreszeiten zusammen. Und er erklärt dabei ganz genau, warum auch die besten Käse ihre Zeit haben. Abhängig ist dies von vielen Dingen, etwa ob die Kühe gerade Kräuter fressen. Er gibt Tipps wie, dass man bei großer Hitze eher leichte Käse essen sollte oder dass man im Herbst die aromatischsten präsentieren müsse. Für den Winter präsentiert er einen Käseteller, für deren Sorten die Kühe das beste Futter im Stall von der Bergwiese bekommen. Genau so stellen auch die besten Restaurants ihre Käseplatten zusammen.

Und ich arbeite gerade an meiner Käse­platte für die nächsten Wochen: Chaource fermier, Comté 30 Monate, Saint-Marcellin, Munster, Langres, Époisses fermier, Pouligny-Saint-Pierre und Sainte-Maure-de-Touraine – ich freu mich schon darauf.