Ein neuer Stern über dem Saarland
Peter Wirbel und das Restaurant „Le Midi“ in St. Ingbert-Rohrbach reihen sich seit Kurzem ein in die Phalanx der Sternehäuser in der Region. Inzwischen gibt es damit sieben besternte Restaurants im schönsten Bundesland der Welt.
Mit der neuen Ausgabe des „Guide Michelin“ hat das Saarland auch einen neuen Sternekoch erhalten: Peter Wirbel vom Restaurant „Le Midi“ in St. Ingbert-Rohrbach. Da alle anderen besternten Häuser ihre Auszeichnungen bestätigen konnten, ist das „Le Midi“ damit das siebte Haus im Saarland, das diese hohe Auszeichnung trägt. Einen herzlichen Glückwunsch auch von mir an Chefkoch Peter Wirbel. Und ich kann nur sagen: Diese Auszeichnung ist mehr als verdient.
Das ist nach knapp zwei Jahren harter Arbeit eine klare Aussage. Hier geht es um Regionalität und Nachhaltigkeit. Deshalb ist dem Restaurant auch ein Hofladen angegliedert, der die Schätze der Biosphärenregion Bliesgau präsentiert. Jeder weiß, wenn er unterschiedliche Produkte aus dem Bliesgau sucht, dass man von Produzent zu Produzent oft weite Strecken fährt. Den Honig da, die Öle hier.
Der Gedanke bei diesem Hofladen ist, alle Produkte aus der Biosphärenregion Bliesgau an einem Ort anzubieten. In der Mitte frisches Obst und Gemüse und an vier Wänden entlang das Beste aus dem Bliesgau. Etwa regionale Gewürze, Linsen, Öle. Auf einem großen Schild steht der Spruch: „Geschenke aus dem Bliesgau in unserm Markt“. Natürlich kochen sie im „Le Midi“ auch mit den Produkten aus dem eigenen Hofladen. Ziel ist es, dass 80 Prozent auf dem Teller bei Peter Wirbel aus der Biosphäre stammen.
Kommen wir gleich zum Wesentlichen: einem Menü von Peter Wirbel. Bei unserem Besuch präsentiert er uns als Vorspeise die Lachsforelle aus der Region. Dazu einen saarländischen Spargelsalat mit hausgemachten, getrockneten Tomaten und Selleriecreme. Die Lachsforelle dafür bezieht Wirbel vom Angelsportverein aus St. Ingbert. Ein geschmackvoller Beginn, wie ich ihn liebe. Bravo! Anschließend gibt es einen Kabeljau, der natürlich nicht aus der Region stammt. Angerichtet wird er mit Zweierlei von der Birne, Lauch und – hört, hört – einer Roquefortcreme. Besser noch: einem Roquefortschaum! Diese Kontraste im Mund begeistern mich wirklich restlos. Ich finde dieses Gericht sehr anspruchsvoll und gleichsam mutig, was Peter Wirbel da präsentiert. In seiner gesamten Harmonie ist es ein außergewöhnliches Gericht, vor dem ich den Hut ziehe.
Im Anschluss gibt es ein Entrecôte vom Wagyu-Rind vom Hunacker Hof aus dem Mandelbachtal im Bliesgau. Dazu karamellisierten und glasierten Spargel sowie Morcheln in Sherry, Butter und Schalotten geschwenkt, was eine gewisse Süße als Kontrast ergibt. Aus den Pilzabschnitten macht er einen besonders guten Morchelrahm. Einfach fantastisch!
Zum Dessert gibt es gleich Vielerlei vom Rhabarber. Ein Törtchen, Creme Patisserie, Rhabarbergel, Rhabarber als Gemüse mit leichter Säure, ein Rhabarbersorbet, ein kleines Süppchen und für die Bitternote eine Valrhona-Schokolade mit einem Kakaoanteil von 70 Prozent als kleines Eis. Süße, Säure, Bitteres auf einem Teller – ein klasse Dessert! Ein wirklich herausragendes Menu, und ich bin dankbar, es an diesem Tag goutieren zu dürfen.
Peter Wirbels persönliche Küchenphilosophie dreht sich um die klassisch französische Küche. Er sagt, diese habe bei ihm auch eine schwere Komponente, dazu gehören selbstverständlich Butter und Creme fraîche. Er habe sich aber auch schon reduziert, will keine Übertreibung. Aber seine Gerichte haben den Anspruch der Gesamtheit. Nicht ein einzelnes Element ergibt diesen unwahrscheinlich guten Geschmack, sondern das Zusammenspiel aller Komponenten.
Das Ganze erinnert mich an Jean-Georges Klein und sein ehemaliges Drei-Sterne-Restaurant „L’Arnsbourg“ in Baerenthal. Dort erlebte ich vor 30 Jahren zum ersten Mal, wie durch die Gesamtheit an Geschmacksnuancen aus einzelnen Tönen und Akkorden eine Sinfonie wurde. Großartig, dass ich bei Peter Wirbel auch diesen Eindruck hatte.
Eine sehr kompetente Restaurantleiterin
Geprägt hat ihn zuerst seine Mutter. Beide Eltern waren berufstätig, doch auch in der Woche kamen klassische saarländische Spezialitäten auf den Tisch. „Am Wochenende hat meine Mama aber kulinarisch immer auf den Putz gehauen“, erzählt er. „Da stand sie stundenlang in der Küche und verwöhnte unsere Familie mit mehreren Gängen“. Zum Kochen kam er dann über sein Schulpraktikum. Danach wusste er, dass er auf jeden Fall Koch werden möchte. Er war früher mit seinem Papa viel unterwegs, dieser fing als Fahrer bei der C-Gro an, wo er heute Marktleiter ist. „Ich erinnere mich beim Ausliefern an den Geruch der Küchen, das hat mich begeistert“, sagt er. Er lernte im „Stiefel“ bei Herrn Hacken. Klassisch und bürgerlich. „Er war noch ein richtiger Chef der alten Schule. Hart, aber herzlich“, erinnert sich Wirbel.
Doch das war seine Basis. Die Leidenschaft für den Kochberuf kam dann bei seiner zweiten Station: bei Wolfgang Quack von der „Villa Weismüller“. Der Juniorenweltmeister von 1988 ist sicherlich einer der besten Ausbilder und Köche im Land. Das weiß ich auch von anderen Beispielen. Gleich nach der Lehre ging Wirbel zu Quack. „Da kam ich erst mal nicht klar, denn der Sprung zur ,Villa Weismüller‘ war immens. Es gab damals noch das Gourmet-Restaurant Anfang des Jahrtausends mit 17 Punkten bei Gault-Millau. Das war eine andere Welt von Küche! Nach zwei Wochen wollte ich aufgeben, weil ich dachte, das schaffe ich nicht. Doch Wolfgang Quack schlug mir vor, noch zwei Wochen bei ihm zu arbeiten und dann zu entscheiden, wie es weitergeht. Er machte sich die Mühe, sich zwei Wochen an meine Seite zu stellen, mir alles zu erklären, was es in der bürgerlichen Küche nicht gibt! Und es wurde immer besser, ich blieb länger, und ich wollte unbedingt ein guter Koch werden.“
Anschließend ging er zu Jens Jakob. Dort in der Küche arbeitete auch Martin Stopp, beide haben schon zwei Sterne erkocht in ihrer Karriere. Dann wurde es noch heftiger. Schneller, besser, nicht gut genug. „Martin und Jens legten ein Tempo vor, Qualität und Verarbeitung, Küchentechniken, Perfektion. Doch diesmal dachte ich nicht ans Aufgeben, ich wollte mich durchkämpfen“, erzählt er. Viele Jahre verbrachte er mit Jens Jakob und er meint, das „Le Noir“ sei bisher die härteste, aber gleichzeitig auch schönste Zeit in seinem Berufsleben gewesen.
Doch zurück ins „Le Midi“. Seit dem 1. Mai hat Judith Weller hier als Restaurantleiterin angefangen. Sie kennt sich in der Sterneküche aus, denn sie hatte die gleiche Aufgabe auch im Sternerestaurant „Landwerk“ in Wallerfangen bei Marc Pink. Peter Wirbel ist glücklich, dass sie da ist! Die vergangenen Jahre hat sie auf dem Saarweingut Van Volxem gearbeitet und auch mehrere Weiterbildungen gemacht.
„Sie wird unsere Weinkompetenz steigern,“ sagt Peter Wirbel, „denn wenn du eine gute Küche kochst, ist für viele Gäste des Hauses Weinkompetenz sehr wichtig. Sie wird auch das gesamte Team weiterbilden und andere wichtige Aufgaben übernehmen.“
Da bin ich mal gespannt, wohin die Reise im „Le Midi“ noch geht. Das war ein ganz besonderes kulinarisches Erlebnis. Ich war begeistert bei meinem Besuch und freue mich, bald wieder mit Freunden dort zu essen.
Ruhetage: Mo. und Do.