Kinder lieben Essen

FORUM-Kolumnist Rolf Klöckner plädiert für frühzeitiges Erlernen der Kochkunst. Es ist so einfach, Kinder beizeiten mit vernünftigem Essen vertraut zu machen, statt ihnen tagtäglich Fertigessen vorzusetzen und damit ungesunde Zusatzstoffe.

Seit 1983 koche ich mit Kindern. Es ist wundervoll zu erleben, wie sie sich nach kurzer Zeit schon auf die Kochstunden freuen und respektable Ergebnisse erzielen. Vor ein paar Jahren schrieb ich zusammen mit der Völklinger Malerin Billy Bärdges das Kinderkochbuch „Pelle, der Kartoffelbär“ (www.kartoffelbaer-pelle.de). Wir gingen damals mit unserem Buch in Völklinger Grundschulen, um mit Kindern zu kochen und zu malen. Es hat allen einen Riesenspaß gemacht, und die Kinder waren begeistert von ihrem kreativen Tun. Meine Ehrenmitgliedschaft beim „Europäischen Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften e.V.“ begründet sich auch folgendermaßen: „Entscheidend für die Ernennung waren seine langjährigen und erfolgreichen Bemühungen, Kindern das Kochen als grundlegende Kulturtechnik zu vermitteln.“

Wer seine Kinder an der Zubereitung teilhaben lässt, wird merken, dass sie auch gerne Gemüse essen.
Vor ein paar Wochen besuchte eine Klasse der Grundschule Kirchberg aus Schwalbach die Fachschule für das Hotel- und Gaststättengewerbe am Saarbrücker Mügelsberg. Gott sei Dank gibt es in diesem Lande Lehrerinnen und Lehrer, die – nicht nur im Sachkundeunterricht – die Kleinen zu einer vernünftigen Ernährung anhalten. Der Ernährungsexperte Udo Pollmer schrieb mir mal zu diesem Thema: „Kinder brauchen keine Ernährungsvorschriften, die vom Zeitgeist diktiert werden, sondern die Freude am Essen. Und dazu gehört auch die Freude am Kochen, die Freude am kreativen Spiel, die Freude an der Kultur. Kurz die Freude am Leben. Eine Grundlage ist die handwerkliche Sicherheit im Umgang mit Pfanne und Herd, die Sicherheit, auch dann satt zu werden, wenn die Mikrowelle kaputt ist und der Dosenöffner streikt. Das lernt man nur in der heimischen Küche.“ Recht hat er. Über die Motivation der Lehrerin, diesen Besuch in der „Profiküche“ auf den Stundenplan zu setzen, freute ich mich sehr. Sie erklärte mir: „Ich finde es wichtig, dass die Kinder dadurch einen bewussteren Umgang mit Nahrung bekommen. Diese Eindrücke behält man wohl sein Leben lang. Sie lernen heute, einen Tisch schön einzudecken, danach geht es zum Kochen. So lernen sie gutes Essen auch zu zelebrieren und essen hoffentlich nicht aus der Pappschale zu Hause vorm Fernseher. Gesunde Ernährung ist bei uns ein Thema im Sachkundeunterricht. Unsere Kinder bekommen täglich auch Schulobst, eine ganz wichtige Sache.“

Der Morgen startete mit der schönen Gestaltung eines Tisches. Unter Anleitung der Berufsfachschülerinnen und -schüler und zweier Fachlehrer wurden Servietten gefaltet, Bestecke, Gläser und Teller platziert sowie Blumen auf die Tische gestellt. Die Kinder bemühten sich sehr, alles so herzurichten, wie es vorgegeben wurde. Machte das Falten der Servietten auch am Anfang noch ein paar Schwierigkeiten, spätestens beim dritten Versuch klappte es.

Nachdem alles schön hergerichtet war, ging es in die Küche. Unter Anleitung von Roland Jochum, dem ehemaligen Küchenchef der „Traube“ auf dem Saarbrücker Rodenhof und heutigem Berufsschullehrer an diesem „Genusszentrum“, wurde dann geputzt, geschält, geschnitten, zerkleinert, gerührt und gebraten. Jochum machte vor, wies auf die Gefahren hin und half den Schülern beim Erlernen verschiedener Kochtechniken. Auf dem Menüplan standen Möhrensuppe, Hühnerbrust sowie Mousse au chocolat. Da kam Freude auf.

Der Fachlehrer erklärte mir dazu: „Wir führen die Kinder heute morgen an das Essen heran. Wir zeigen ihnen, wie man richtig kocht, auch ohne Chemie zu verwenden. Geschmack entsteht durch Fonds, ohne Maggi und all das Zeugs. Wir machen auch Geschmacksschulung, damit die Kinder lernen, wie ein Produkt richtig schmeckt und nicht nur nach Zucker und Salz, wie die Industrie es uns vormacht. Die Kinder sind unsere Kunden und Mitarbeiter der Zukunft. Es ist auch unser Interesse, den Kindern die gute Küche näherzubringen.“

Doch nicht nur Jochum ist der Auffassung, dass die Erzieher nicht früh genug mit dem Kochen mit Kindern anfangen können. Organisiert wurde der Tag von Fachlehrer Michael Trautmann. Ob dieses Programm von allen saarländischen Grundschulen wahrgenommen werden kann, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass in zahlreichen Kindereinrichtungen gekocht wird.

Viele dieser Organisationen stellen mit den Kindern auch eigene Kochbücher her. Die saarländischen Köche Maxwell Omini und Malte Mehler bieten in ihren Programmen auch Kinderkochkurse an. Beide mit großem Erfolg. Sie können Ihr Kind auch dort zu einem Kochkurs anmelden.

„Wir brauchen wieder die Freude am Essen“

Oder kochen Sie selber mit ihren Kindern. Doch vorsichtig, hier wird mit scharfen Messern gearbeitet, mit Hitze und Gewürzen. Behalten Sie die Kleinen stets im Auge und zeigen sie ihnen, wie es geht. Das letzte Wort hat heute Udo Pollmer: „Aber nicht nur deshalb brauchen Kinder in der Küche die Hilfe der Erwachsenen.

Kochen ist eine Kulturtechnik wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Sie ist seit jeher die Grundlage einer gesunden Ernährung. Gesunde Kost muss bekömmlich sein, weil Unbekömmliches nun mal nicht gesund sein kann. Sie muss so beschaffen sein, dass wir sie immer wieder gerne essen. Wir brauchen wieder die Freude am Essen und nicht ideologische Überzeugungen, die mit dem Zeitgeist wechseln und mit dem Deckmäntelchen der Wissenschaft versehen werden.“

Weitere Infos im Internet:
www.malte-kocht.de
www.maxwell-omini.com