Wo das Leben gefeiert wird

Das „Café de Paris“ im benachbarten Saargemünd steht für die klassische französische Gasthauskultur, die immer seltener wird. Hier herrscht immer buntes Treiben, und hier stimmt das Preis-Genuss-Verhältnis.

Ob an den Tischen oder am Tresen: Hier herrscht immer Leben, die Gäste kommen ins Gespräch – Foto: Astrid Karger

Heute habe ich Lust auf einen Abstecher ins Herz von Europa, am Zusammenfluss von Saar und Blies und Treffpunkt von Epochen und Kulturen – nach Saargemünd. Das Gute daran: Es liegt direkt vor unserer Haustür. Grenzen sind unsichtbar geworden, die Kamine der Industrieanlagen kalt, und Saargemünd pflegt seinen unglaublichen Reichtum, das Erbe der vergangenen Jahrhunderte: Kur- und Bäderwesen, galloromanische Relikte und in unserer Nähe das indus­trielle Epos der Fayence-Herstellung, denn diese war hier mal von großer Bedeutung! Ich bin schon auf dem Wasser hierhergekommen oder am Fluss entlanggeradelt, um diese Gegend etappenweise zu entdecken. Oder gleich mit der Saarbahn nach Saargemünd gefahren.

Heute zieht es mich ins „Café de Paris“, denn das ist ein besonderer Ort. Hier trifft man sich, hier isst man, hier kann man hervorragend über alles Mögliche ein Schwätzchen halten. Es hat den Charme, den ich anderswo schon lange suche.

Stets wechselnde Tagesgerichte

Es gibt insgesamt nur noch wenige Häuser mit Theke-Gastraum-Leben. Hier findet man das noch. Ein traditionsreiches Gasthaus mit Gasthauskultur. Hier kochen sie eine gute, einfache Traditionsküche und eine französische Routierküche. Das sind die Gasthäuser in Frankreich, die von den Lkw-Fahrern angefahren werden, weil dort das Preis-Genuss-Verhältnis bei guter Qualität meistens stimmt. Doch leider ist es eine aussterbende Kultur, diese Gasthäuser, liegen oft an den alten Nationalstraßen.

„Buwespätzle à la crème“ – Foto: Astrid Karger

Im „Café de Paris“ wird das Leben täglich gefeiert. Hier ist es voll, fröhlich, man wird zuvorkommend empfangen und ist für ein paar Stunden in einer anderen Welt! Und obwohl es meist proppenvoll ist, ist es stets fröhlich und angenehm. Ich komme mir fast vor wie in einem Theaterstück. Dieses Bistro ist wirklich etwas Besonderes. Das passt wie der berühmte Deckel auf den Topf. Das Haus hat natürlich eine traditionelle Küche, wie der Feinschmecker sie mag: geschmackvoll, mit regionalen und saisonalen Produkten, mit guten Ölen und Gemüsen aus der Region. Jeden Mittag wird den Gästen ein wechselndes Tagesgericht angeboten. Drinnen oder draußen auf der großen Terrasse. Im Sommer sitzen dort viele Gäste aus dem benachbarten Saarland, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Freitagabends gibt es Pizza- und Flammkuchen, in allen Varianten. Ein privater Raum für 30 Personen steht ebenfalls für Ihre Geburtstagsfeiern, Kommunionen, Konfirmationen und Hochzeiten zur Verfügung. Dort wird dann gekocht, was vorher besprochen wurde.

Sehr angenehm finde ich die Anreise nach Saargemünd mit der Saarbahn. Vom Bahnhof zum „Café de Paris“ ist es nicht weit. Und die Anreise ohne Auto hat immense Vorteile, denn keiner muss auf ein Glas Wein oder Bier verzichten, weil er Angst um seinen Führerschein hat. Joel Steiner betreibt seit 16 Jahren dieses Unikat. Er steht in der Küche und versorgt seine treue Klientel mit Gerichten, wie seine Gäste sie wünschen. Der Laden ist nicht klein, denn auch am Tresen tobt hier das Leben. Unterstützt in Küche und Service wird er von Laurent, Victor, Bernard, Guy und Théan. Bernard ist in der Saargemünder Gegend kein Unbekannter. Er erzählt: „Ich arbeite schon 13 Jahre hier. Gelernt habe ich damals unter Michel Roth im ,Charrue d’or‘. Danach betrieb ich jahrelang einen Laden in Hambach. Ich fühle mich sehr wohl hier!“

Gute Küche zu bezahlbaren Preisen

„Fraisier“ als Dessert – Foto: Astrid Karger

Bernard ist die gute Seele des Hauses. Er kennt jeden und jeder kennt ihn. In einer Ecke steht ein Fernseher, darauf die französischen Lottozahlen. Über der Theke, in einer langen Reihe, hängen Bilder der Saargemünder Prinzenpaare. Ich erinnere mich noch, als ich zum ersten Mal hier war. Das war vor etwa 15 Jahren. Damals betrieb Guy Adam noch „La bonne source“, ein paar Meter weiter. Ein elsässisches Lokal auf Lothringer Boden, wie er immer sagte. Immer im Dezember machte er Gourmetspaziergänge. An seinem Lokal bekam jeder ein Glas umgehängt. Dann ging es an der Blies entlang in den Wald. Historisches sahen wir auf der Tour auch immer wieder.

Joel Steiner betreibt seit 16 Jahren das „Café de Paris“ und kocht für seine Gäste – Foto: Astrid Karger

Im Museum für Keramiktechnik, das am Standort einer ehemaligen Produktionsstätte der Fayencerie untergebracht ist, erlebt der Besucher noch die Vergangenheit. Denn dieser ehemals wichtige Wirtschaftszweig in Saargemünd gab zu Beginn des 20. Jahrhunderts etwa 3.000 Menschen Arbeit und Brot. Heute ist die Industriebrache der Bliesmühle ein wunderbarer Garten, der Jardin des Faïenciers. Industrielle Vergangenheit, übersetzt in die Poesie der Pflanzen und der Zukunft.

Es gab auf dem Spaziergang, der auf dem Saargemünder Weihnachtsmarkt endete, sieben Stationen mit Essen und Getränken. Die Saarländer, die dabei waren, gingen anschließend zusammen Richtung Saarbahn. Natürlich mit einem letzten Stopp im „Café de Paris“. Dort konnte man noch etwas essen oder auch nur einen Scheidebecher trinken. So kam ich zum ersten Mal ins „Café de Paris“. Guy Adam ist schon lange in Rente, ich gehe aber immer noch gern ins „Café de Paris“!

Dieses kunterbunte Theater hat schon etwas. Bistro parisienne, Bouchon lyonnais. Beides stimmt. Hier soll man sich wohlfühlen, gut essen und nicht als arme Kirchenmaus das Haus verlassen. Und das klappt hier! Wer die französische Bistro-Kultur liebt, wird im „Café de Paris“ jubeln. Ich könnte auf den Tafeln, auf denen die Gerichte verzeichnet sind, sicherlich Ideen für zehn Besuche finden.

Hier trifft man oft auf bekannte Gesichter

Bernard Grandadam ist die gute Seele des Hauses und serviert hier seit 15 Jahren das Essen – Foto: Astrid Karger

Auch die Weinauswahl lässt keine Wünsche offen. Aus vielen französischen Weinbaugebieten sind hier Kreszenzen verzeichnet. Über dem Tresen hängen Schilder: Muscat, Pinot blanc, Pinot gris, Riesling. Die Flasche für 24 Euro. Der Pinot noir kostet 28 Euro.

Die Karte ist ganz unkompliziert. Natürlich wollen vor allem die deutschen Gäste – und das sind etwa die Hälfte – französische Spezialitäten essen. Ich lese Gerichte, die man sonst länger suchen muss! „Buwespätzle“ etwa, „Vogesensalat“, „geräucherter Lachs“, „Choucroute garnie“ oder „Entrecôte“. Da weiß man gar nicht, wofür man sich entscheiden soll. Dazu gönne ich mir heute mal keinen Wein, sondern ein Kronenbourg. Frischgezapftes am Biertresen gibt es hier aus Frankreich und aus Deutschland. Hier passt für meinen Geschmack einfach alles. Ich esse und trinke hier hervorragend – immer wieder.

Und nach dem Essen gibt es immer noch ein Schwätzchen. Ich treffe zwei Freundinnen, Sandrine aus Saargemünd und Ruth aus Saarbrücken. Wir bestellen noch eine Flasche Wein, denn es gibt viel zu erzählen. Ein Besuch im „Café de Paris“ kann unter Umständen länger dauern …

Info

Café de Paris

3, Rue de France

F-Saargemünd

Telefon 00333-87981341

Öffnungszeiten: 7 bis 22 Uhr

Ruhetag Montag