Craft Beer aus der Region

Unter Biertrinkern erfreuen sich die Produkte von „Herz & Heimat“ immer größerer Beliebtheit. Die kleine Craft-Beer-Brauerei in St. Ingbert hat eine stetig wachsende Fangemeinde – und hat sich inzwischen vergrößert.

Hopfen ist eine wichtige Zutat, die beim Bierbrauen nicht fehlen darf – Foto: Dirk Guldner – guldner.de

Heute besuche ich das ehemalige Heckel-Stahlguss-Gelände in Rohrbach unterhalb des schönen Kahlenbergs, in St. Ingbert ein beliebtes Ausflugsziel. Stahl wird hier schon lange nicht mehr produziert, dafür aber Bier. Meine Gastgeber sind Oliver Muskalla und Chris Sandhöfer, die „Bierbrüder“. Ich betrete ein historisches Backsteinhaus. Komplett renoviert. Hier war früher einmal eine Schreinerei, die Modellbauwerkstatt. Es ist die schönste und sauberste Halle aus dem industriellen Zeitalter – und absolut geeignet, hier eine kleine Brauerei zu installieren. Oliver Muskalla erzählt: „Es waren hier in der Halle viele Umbauten und Einbauten nötig, das macht natürlich nicht jeder Hallenbesitzer mit. Aber der neue Besitzer, ein junger Mann, ist auch ein Bier-Freak. Das passt sehr gut und war ein Riesenvorteil für uns. Wir haben hier wirklich einen Freund unserer kleinen Brauerei gefunden.“

„Das zarte Pflänzchen wächst kontinuierlich“

2022 sind Muskalla und Sandhöfer hierher gezogen, da der Platz in der alten Braustätte auf dem ehemaligen Gelände der Becker-Brauerei zu klein wurde. Es gab dort schlicht keine Möglichkeit, sich zu vergrößern. 2017 gründete Muskalla die kleine „Herz & Heimat-Brauerei“. Durch die ständige Verbesserung von Qualität und Geschmack kam das Bier damals schon hervorragend bei den Kunden an. Die Verkaufszahlen gingen immer weiter nach oben, er kam mit dem Bierbrauen einfach nicht mehr nach. Muskalla verkauft das Bier auch in seinen beiden Gastronomie-Betrieben: der „Glasbiermetzgerei“ in der St. Ingberter Fußgängerzone und im legendären „Bistro Krempels“. Über Letzteres habe ich vor ein paar Monaten im FORUM bereits berichtet. Die „Glasbiermetzgerei“ ist nicht nur eine Craft-Beer-Kneipe, hier werden auch Fans von Burgern, Wurst und Salat-Bowls fündig.

Blick in die Brauerei – Foto: Dirk Guldner – guldner.de

Doch zurück zur Brauerei. Muskalla und Sandhöfer nennen sich „Bierbrüder“, und ihre Leidenschaft für den Gerstensaft nehmen sie verdammt ernst. 2021 gründeten die beiden eine GmbH, um Bier zu brauen. Chris Sandhöfer, eigentlich Diplom-Mathematiker, ist vom Bierbrauen fasziniert. In seiner Freizeit machte er schon viele Praktika in saarländischen Brauereien, etwa bei Großwald. Er hat sich ein fundiertes Bierwissen angeeignet, angelesen – und angetrunken. Dann tauchte er in der kleinen „Herz & Heimat-Brauerei“ auf. Erst als Aushilfe, dann als festangestellter Mitarbeiter. Sozusagen zugelaufen. Die beiden verstanden sich vom ersten Augenblick an, und so war der Schritt zu gleichberechtigten Partnern nur logisch. Dieses Jahr wollen sie 500 Hektoliter verkaufen, 2024 ist das Ziel die doppelte Menge.

Die Bierbrüder: Oliver Muskalla (links) und Christoph Sandhöfer – Foto: Dirk Guldner – guldner.de

Wie ernst es Chris Sandhöfer mit dieser Brauerei ist, erklärt er: „Ich habe alles, was ich besitze, hier eingebracht. Wir haben dies alles zusammen bezahlt und aufgebaut. Zwar sind wir immer noch klein, doch von den Kleinen sind wir nicht mehr die Minis.“ In der Vergangenheit seien sie der Nachfrage regelrecht hinterhergelaufen. „Doch unsere kleine Brauerei, das zarte Pflänzchen, wächst kontinuierlich weiter“, erzählt er weiter. „Mit unserer Leidenschaft gehen wir Schritt für Schritt weiter. In der neuen Anlage machen wir einen Sud, wo wir für die gleiche Menge Bier vorher vier brauchten. Das war ein riesiger Zeitaufwand. Doch es ist immer noch komplett Handwerk. Wir bedienen jedes Ventil von Hand, und wir füllen auch per Hand ab. Es ist naturbelassenes Bier, das aus zwei Faktoren besteht: unserem handwerklichen Können und Mutter Natur.“

Von ganz klassisch bis progressiv

Für die Gastronomie wird das Bier natürlich auch in Fässer abgefüllt – Foto: Dirk Guldner – guldner.de

Die Idee, ein Bier zu machen, lag für Oliver Muskalla als Gastronom natürlich auf der Hand. Er testete in der Vergangenheit Biere kleiner Craft-Beer-Brauereien und entschloss sich dann 2017, selbst zu brauen. Ich verfolge das bereits seit dieser Zeit. Damals erzählte er: „Ein Leben lang habe ich industrielle Biere getrunken. Irgendwann hab ich dann mal quer getrunken! Und beschäftigte mich seither mit Craft Beer. Das hat mich so emotionalisiert, dass es da noch andere Dinge gibt. Ein Produkt mit einer viel größeren Geschmacksvielfalt als normales Pils etwa. Ich habe mich jetzt zwei Jahre damit befasst, habe schon viele eigene Sude gemacht.“ Am Ende dieses Prozesses stand der Gedanke, eigenes Bier zu brauen. Gott sei Dank hilft mir ein Brauer mit 50-jähriger Erfahrung, Edmund Guckert. Natürlich hat mich auch dieser traditionelle Ort beflügelt. Das Gelände auf dem die Becker-Brauerei damals braute.“ 20 Jahre später genau an diesem Standort wieder Bier zu brauen hatte etwas.

Sein erstes Bier hieß „Weisgerber“, lokal verbunden mit und verwurzelt in St. Ingbert und als Verbeugung vor dem großen Maler der Stadt, Albert Weisgerber. Ein süffig helles Pils mit weniger Bitternoten als industrielles Pils. Es kam so gut an, dass die Bier-Freaks ein zweites Bier von „Herz & Heimat“ forderten. Muskalla dachte: Ein Weizenbier braucht der Gastronom immer. Gedacht, getan. Es hieß „Ludwig“ – ein Bernsteinweizen mit Zitrus-Noten, das im Sommer ausgezeichnet ankam. Der Name ist zwar angelehnt an bayrische Tradition, in diesem Fall aber eine Verbeugung vor Olis Großvater.

Beim Brauen macht Oliver Muskalla wirklich jeden Arbeitsschritt noch von Hand – Foto: Dirk Guldner – guldner.de

Das dritte wurde dann etwas progressiver. Die Craft-Beer-Szene trinkt gern Pale Ale, auf Deutsch blasses Bier. Hell, kupferfarben und obergärig. Kalt gehopft, dadurch gehen Fruchtnoten in das Bier über. Es heißt hier im Haus „Kronprinz“. Oliver Muskalla fuhr einst nach Köln, um dort eine Theke abzuholen – aus der Kölner „Kronprinz-Klause“. Eine 60 Jahre alte Theke für „Herz & Heimat“ und gleichzeitig ihre erste eigene.

Das nächste Bier wurde von den St. Ingbertern gefordert: ein herbes Pils. Im Charakter wie einst „Beckers Extra“, mit einem leichten Zitronen-Abgang. Es heißt „Nicos“, als Verbeugung vor Nico Becker, dem letzten Besitzer der Becker-Brauerei. Die beiden Jungbrauer dachten, sie müssten auch ein dunkles Bier haben. Olis Sohn fragte ihn damals, warum denn kein Bier nach ihm benannt sei.

An ausgesuchten Stellen zu kaufen

Geschäftsführer Christoph Sandhöfer – Foto: Dirk Guldner – guldner.de

Nichts leichter als das, dachte sich Muskalla und nannte das nächste Bier Anton. Sanft und vollmundig mit schönen Hopfenaromen. Dazu haben sie immer wieder Saison-Biere: „Karl“, der Maibock etwa, „Teresia“, das Kahlenberger Export, „Rotkehlchen“ und „Irmgard“ im Laufe der Jahreszeiten.
Nachdem die Brauerei seit einiger Zeit immer bekannter wird, steigt auch die Nachfrage. Bei der Metzgerei Schwamm und Saar-Lor-deLuxe in Saarbrücken ist es vorrätig, in zwei Rewe-Märkten in St. Ingbert und bei Pieper in Saarlouis auch. Ebenso in Schneiders Getränkewelt in Saarlouis. Da sie Partner der Biosphäre Bliesgau sind, findet man es auch im Bliesgau-Regal überall dort, wo es dieses gibt.

Besonders gefreut hat die beiden Brauer die Bestellung einer Kultkneipe, dem „Niederwürzbacher Bahnhof“. Die Kneipe war länger geschlossen, und die Musik-Fans waren darüber sehr traurig. Doch dann übernahm Michael Hall und eröffnete die Musik-Kultkneipe vor ein paar Monaten am Niederwürzbacher Weiher wieder. Und er hat nur die Biere von „Herz & Heimat“ im Sortiment.