Bestes von Hand gemacht

Deutschland ist bekannt als Nation der unzähligen Brotsorten. Doch die Qualität lässt wegen Fertigprodukten längst zu wünschen übrig. Für beste Qualität steht dagegen etwa die Bäckerei „La Mine de Pain“ von Jérôme Schwalbach in Forbach.

Ob herzhaft oder auch süß: Das Angebot scheint verlockend – Foto: Astrid Karger

Die Bäckerei „La Mine de Pain“ von Jérôme Schwalbach im französischen Forbach ist für mich eine der besten Bäckereien weit und breit! Wenn Sie von Saarbrücken kommen, fahren Sie in Forbach am Rathaus vorbei auf der Rue Nationale bis zum nächsten Kreisverkehr. Dann weiter den Berg hoch. Auf der rechten Seite finden Sie dann nach wenigen Metern „La Mine de Pain“.

Das Stammhaus der Familie Schwalbach liegt in Rohrbach-lès-Bitche, 47, rue Pasteur. Joël Schwalbach, der jüngere Bruder, hat dort die Bäckerei ihres Vaters übernommen: die Boulangerie „P’tit Jean“. Vater Gérard backte 15 Jahre bei einem Bäckermeister im saarländischen Peppenkum, bevor er in Rohrbach-lès-Bitche seinen eigenen Laden eröffnete. Nun backt dort sein jüngster Sohn. Die beiden Brüder haben es in den Olymp des französischen Bäckerhandwerks geschafft, denn erstmals wurden zwei Brüder zum „Meilleur Ouvrier de France“ gekürt. Mehr geht nicht in Frankreich, der Titel steht für allerhöchste Qualität!

Treffen zur Mittagspause im Teesalon

Jérôme Schwalbach erinnert sich: „2015 bekamen wir diese Auszeichnung in Rouen. Zum ersten Mal in Frankreich schafften dies zwei Brüder. Mein Vater Gérard war mächtig stolz auf uns!“ Vor 24 Jahren verließ Jérôme Schwalbach die Bäckerei seiner Eltern und arbeitete in Géradmer in den Vogesen als Bäcker. Seit 2012 hat er nun seine eigene Bäckerei in Forbach. Und hier, im ehemaligen Steinkohlerevier, hat sie deshalb auch diesen Namen: „Wir haben den Namen ,La Mine de Pain‘ aus zwei Gründen gewählt: dem Hinweis auf die Brotkrume und in Erinnerung an die Aktivität der Kohle im Kohlebecken.“

Ich betrete die Bäckerei um die Mittagszeit. Das heißt, ich versuche es, denn die Kunden stehen in einer Schlange an der Theke. An der hinteren Wand Baguettes in allen Formen. Im Kühlregal vorne verführerische Süßigkeiten. Bevor wir wieder nach Hause fahren, werde ich mich reichlich eindecken mit Himbeertörtchen, Éclairs, Vanille und Schokolade, und vielem mehr. Die Croissants und Pains aux Chocolat der Familie Schwalbach wurden übrigens ebenfalls ausgezeichnet. Die nächsten drei Morgen werde ich zum Frühstück wirklich besondere Leckerbissen haben.

Links vom Verkaufsraum befindet sich ein schöner Teesalon. Das Innen­dekor ist sehr geschmackvoll aus Materialien wie Holz und Stein gefertigt. Hier verbringen viele Arbeitskollegen ihre Mittagspause zusammen. Eine wirklich einladende und freundliche Atmosphäre. Ein Schild weist auf das Angebot hin: Frühstück, Sandwichs oder Quiche Lorraine mit Salat zum Mittagessen, zum Verzehr im Haus oder zum Mitnehmen. Auf einer Theke stehen aufgeschnittene große Brote von etwa 30 Zentimetern Durchmesser. In der Auslage drei Regalbretter voll belegter Brötchen. Hier weiß man zu genießen! Alle Produkte sind natürlich hausgemacht.

Sauerteige reifen 35 bis 40 Stunden

Das Bäckerhandwerk liegt wie bereits erwähnt in der DNA von Familie Schwalbach. Schon als Kind verbrachte Jérôme Schwalbach viel Zeit in der Backstube, beobachtete seinen Vater oder half ihm. Er liebte es auch, samstags in der Backstube zu sein. Auch an seine Großmutter erinnert er sich gern: Sie backte samstags immer viele Kuchen. Wenn die Kinder dann am Abend ins Bett gingen, stand Großmutter immer noch in der Backstube und backte Kuchen für den Sonntag.

Die industrielle Produktion von Brot sei erst nach dem Zweiten Weltkrieg erfunden worden, erzählt Jérôme Schwalbach. Davor habe es nur handwerkliches Brot auf der Basis von Sauerteig gegeben. Hier im Haus wird noch immer traditionell gearbeitet. Die Sauerteige werden erst 35 bis 40 Stunden nach dem Ansetzen verarbeitet. So erreicht der Meister die Qualität, die er sich vorstellt. Immer, wenn ich mit den besten der Zunft rede, kommen wir auf das Thema Sauerteig zu sprechen. Dies unterscheidet seriöse Genusshandwerker von denen, die Brote mit Fertigmischungen und reichlich Zusatzstoffen machen. Durch die lange, kalte Ruhezeit und die damit bessere Reife des Teiges erhöht sich der Geschmack des Brotes von selbst. Somit kann der Bäcker seinen Sauerteig auch sehr gut steuern.

Wichtig ist Jérôme Schwalbach dabei, dass in all seinen Broten nur selbst hergestellter, natürlicher Sauerteig ist. Die lange Teigführung ist für eine gute Qualität ungemein wichtig. Nur dadurch verschwinden die schädlichen Zuckerstoffe, die das Weizenmehl beinhaltet. Sie werden auf diese Weise abgebaut. Und so schmeckt das Brot nicht nur besser als anderswo, sondern hat auch eine gute Bekömmlichkeit. Und – das ist meine Erfahrung – dieses Brot hält sich wesentlich länger als Minderwertiges. Wenn ich mir an irgendeiner Ecke irgendein Brot kaufe, hält das in der Regel ein paar Stunden, dann ist es trocken. Spätestens aber am nächsten Tag brauche ich wieder ein neues. Dazu schmeckt es meist nicht wirklich gut. Brote aus Sauerteig halten in der Regel mehrere Tage. Und wenn ich dann nach ein paar Tagen die Ausgaben vergleiche, hat der mit dem billigen und ungesunden Brot mehr ausgegeben.

Weltkulturerbe Baguettes

Seit dem 30. November 2022 hat die Unesco die Kultur des Baguettes zum immateriellen Kulturerbe erklärt. Die Unesco würdigte, dass jeder Bäcker mit einfachen Zutaten sein eigenes, einzigartiges Produkt daraus macht. Neben seiner Beliebtheit – Statistiken sprechen von zehn Milliarden Baguettes, die die Franzosen jährlich verzehren – ist die Handwerkskunst in diesem Land der Grund, warum die UN-Kulturorganisation das Baguette – oder genauer: Kultur und Handwerk des französischen Baguettes – nun als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt hat. Das Geheimnis eines guten Baguettes ist übrigens auch gar nicht so kompliziert. Benutzt werden dürfen natürlich nur die besten Rohstoffe: Mehl, Wasser, Salz, Hefe und flüssiger Sauerteig. Nicht zu viel Hefe, betont Schwalbach, und auch nicht zu viel Salz.

Das Angebot ist wirklich reich­haltig und vor allem qualitativ hochwertig und schmackhaft – Foto: Astrid Karger

Die industrielle Massenproduktion wurde in Frankreich zunehmend verdrängt. Es gibt kaum einen Franzosen, der nicht ausführlich erklären könnte, warum er bei diesem oder jenem Bäcker kauft. Frankreich leistet sich sogar eine nationale Brot-Beobachtungsstelle, das „Observatoire du pain“, das von der Bäcker- und Müllerinnung mitfinanziert wird. Jährlich wird ein „Baguette-Bäckermeister“ im Land gekrönt, der ein Jahr lang den Élysée-Palast beliefern darf.

Vom Baguette gibt es unterschiedliche Formen: eher schwer das Flûte, leichter und dünner das Ficelle, es gibt aber auch Parisienne und Tropézienne …

Einige Dinge sind in Frankreich nicht diskutabel: etwa ein gutes Glas Wein zum Essen zu trinken; der unbedingte Respekt vor Genusshandwerkern; und morgens und abends in die Bäckerei zu gehen, um frisches Baguette zu kaufen! Das (unter anderem) liebe ich an Frankreich.